Wohnungsnot

Notunterkunft als letztes Mittel

Caritas-Chef Rüdiger Holderried sieht einen Bedarf für Sozialen Wohnungsbau in Horb. Ein Appell an die Stadt und die Solidarität.

31.01.2017

Von Dagmar Stepper

In Horb und seinen Teilorten gibt es laut dem Statistischen Landesamt über 600 leere Wohnungen (stand 2011). Wer verzweifelt hier eine Wohnung sucht, fragt sich, wo sie sich wohl befinden. Luftbild: Kuball

In Horb und seinen Teilorten gibt es laut dem Statistischen Landesamt über 600 leere Wohnungen (stand 2011). Wer verzweifelt hier eine Wohnung sucht, fragt sich, wo sie sich wohl befinden. Luftbild: Kuball

Leider konnten keine Angebote mit den gewünschten Kriterien gefunden werden.“ Das bekommt man zu lesen, wenn man auf der Homepage der Baugesellschaft Horb nach Vermietungen schaut. Es geht dabei nicht mal um günstige Wohnungen. Doch der Wohnungsmarkt scheint leergefegt zu sein. Das kann Rüdiger Holderried nur bestätigen. Er ist ein nachdenklicher Mensch. Seit ein paar Monaten ist er nun Chef der Caritas in Horb. Er hat in den vergangenen Wochen die Neujahrsreden im Kreis gehört, die Haushaltsdebatten in den Gemeinderäten mitverfolgt. Dabei vermisste er – außer ein paar Ausnahmen – nur ein Thema: den Sozialen Wohnungsbau.

Drohende Obdachlosigkeit

Holderried hat etliche Klienten, die verzweifelt in Horb eine bezahlbare Wohnung suchen. Gerade ist ja wieder Vesperkirche im Steinhaus, er ist fast täglich dort. Erst kürzlich wurde er von einem Paar angesprochen, das bald auf der Straße stehen wird. Sieben Leute sind bei ihm in der Sozialberatung, die eine Wohnung brauchen. Zwei davon wurde bereits gekündigt. Sein Kollege von der Erlacher Höhe, Manuel Trick, betreut eine Alleinerziehende mit kleinen Kindern. Ewig suchte sie eine Wohnung. Sie war kurz davor, in die Notunterkunft der Stadt nach Dettingen einziehen zu müssen. „Aber da wollen Sie nicht wohnen“, sagt Holderried.

Das Thema beschäftigt ihn. Es macht ihn auch ein wenig hilflos. Denn er fühlt sich ohnmächtig. „In Horb gibt es doch leerstehende Wohnungen. Warum kommen die nicht auf den Markt?“, fragt er sich. Er will niemand zum Vermieten zwingen, aber er appelliert an die Solidarität bei den Menschen, die er gerade täglich bei der Vesperkirche erlebt. „Meine Klienten können es sich nicht aussuchen. Von der Lage nicht und finanziell auch nicht“, sagt er. Es sind meist Alleinstehende oder Paare, die eine Ein- oder Zwei-Zimmer-Wohnung suchen. Doch in der Kernstadt ist es schwierig. Wirtschaftsförderer Axel Blockwitz hat ihn mal an die Teilorte verwiesen. Doch auch da gibt es wenig Angebote. Das Problem bei den Stadtteilen ist zudem die Mobilität. „Unsere Klienten haben meistens kein Auto. Und mit dem öffentlichen Nahverkehr sieht es ja nicht so gut aus“, meint Holderried. Einfach in eine andere Stadt ziehen, wo der Wohnungsmarkt vielleicht etwas entspannter ist, ist meist keine Lösung: „Sie möchten nicht weg von hier, sie sind sehr mit Horb verwurzelt“, hat Holderried festgestellt. Denn hier ist der Tafelladen, das Begegnungshaus „Paradios“. Hier treffen sie andere, mit denen sie reden können. Und natürlich finden sie hier auch die Sozialberatung.

Arbeitskreis in Planung

Die Sozialverbände wollen ihren Teil zur Linderung der Wohnungsnot für Bedürftige beisteuern. Es soll ein Arbeitskreis „Bezahlbarer Wohnraum“ gegründet werden, berichtet Holderried. Die Caritas und die Erlacher Höhe sind auf jeden Fall mit im Boot. Außerdem soll eine Wohnungsbörse im „Paradios“ entstehen. Auf einem Board können Vermieter ihre Wohnungsangebote aufhängen, Wohnungssuchende ihre Wünsche.

Holderried ist sich bewusst, dass seine Klienten vielleicht nicht immer einfach sind. Er appelliert an beide Seiten. An die Mieter, dass sie bei Schwierigkeiten rechtzeitig einen Moderator – wie beispielsweise ihn oder Manuel Trick – einschalten. Außerdem sollten sie rechtzeitig zur Beratung gehen, nicht erst, wenn die Kündigung schon auf dem Tisch liegt und die Miete drei Monate im Rückstand. Von den Vermietern erhofft er sich, dass sie bei Konflikten das Gespräch suchen.

Und was wünscht er sich von der Stadt? Holderried denkt kurz nach, dann antwortet er: „Dass sie aktiv in die Werbung geht und nicht die Augen verschließt. Wir brauchen Wohnraum in Horb. Wenn ich Solidarität fordere, gehört die Stadt dazu.“ Denn als letzte Möglichkeit bleibt seinen Klienten nur die Obdachlosenunterkunft in Dettingen.

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Erstellt:
31.01.2017, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 31.01.2017, 01:00 Uhr

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