Bauprojekt

Nur ein Tag Zwangspause

Auf dem Waldner-Areal wächst gerade das Betreutes-Wohnen-Projekt in die Höhe. Im Mai soll der Rohbau fertig sein.

14.03.2019

Von Dagmar Stepper

Bauleiter Heinz Sieber aus Dettingen (rechts) kommt täglich mehrmals auf die Baustelle nach Horb. Es läuft gut, sehr gut sogar.

Bauleiter Heinz Sieber aus Dettingen (rechts) kommt täglich mehrmals auf die Baustelle nach Horb. Es läuft gut, sehr gut sogar.

Der eisige Wind pfeift den Bauarbeitern ins Gesicht. Ungerührt justieren sie den Minikran an einem Betonstein, fahren ihn an die Mauer, jonglieren ihn hinein. Er passt auf den Millimeter genau. „Die Steine haben alle eine Nummer. Das ist wie Legobauen“, sagt Bauleiter Heinz Sieber. Er steht mitten auf der größten Baustelle in Horb. Auf dem Waldner-Areal wird gerade in Windeseile ein Wohnprojekt nach oben gezogen. Fast täglich sieht man es wachsen. Aber es hat ja auch über vier Jahre gedauert, bis im August vergangenen Jahres symbolisch zum Spaten gegriffen wurde, nachdem alle Vorbehalte gegen das Betreutes-Wohnen-Projekt zumindest auf dem Papier hinweggefegt worden waren.

Zwei Kräne surren über Sieber hinweg. Der größere hat 400000 Euro gekostet, zwei Tage vor Weihnachten wurde er an der Baustelle aufgebaut. „Damit die Leute merken, dass was geht. Das ist eine psychologische Sache“, sagt Sieber. Auch wenn es mit dem Bauen dann erst später losgeht. Die Kräne kommen sich nicht
ins Gehege, sondern folgen einer perfekten Choreografie. „Alles eine Frage der Logistik“, kommentiert der Bauunternehmer aus
Dettingen.

Die nächsten Lastwagen rollen heran. Weiteres Material wird ausgeladen. Wuselig geht es zu auf der Baustelle. Zehn Mitarbeiter hat Sieber vor Ort. Die Baubranche boomt, fünf Baustellen hat Eugen Siebers Bauunternehmen gerade gleichzeitig laufen. Die größte in Balingen: Dort entsteht ein Wohnkomplex mit knapp 100 Wohnungen. Im Vergleich ist die Baustelle an der Mühlener Straße mit 36 Einheiten – 23 barrierefreie und 13 klassische Wohnungen – überschaubar. Es läuft gut. „Horb ist immer super. Es gab bisher nur einen Tag im Winter, an dem wir aussetzen mussten“, berichtet Sieber. Als die Bodenplatte gegossen wurde, war es zwar frostig, aber die Wärme des Betons hatte es ausgeglichen. In Balingen hat Sieber da mehr Probleme.

Wobei: Von Problemen zu reden wäre für Sieber eine Übertreibung. Seit er 15 Jahre alt war, ist er im Baugeschäft. Inzwischen sind 52 Jahre vergangen. „Es gibt keine Probleme, mit denen ich nicht zurechtkomme“, sagt er. Er hat genug Erfahrungen gesammelt, auch wenn sich auf dem Bau in den vergangenen Jahrzehnten etliches verändert hat. Als er anfing, war das Material teuer, der Lohn gering. Heute ist es anders herum. „Früher mussten wir arbeiten wie die Brunnenputzer“, meint er. Heute gibt es Hilfsgeräte wie den funkgesteuerten Minikran, der anstatt der Arbeiter Steine und Betonsäcke „schleppt“. So wächst innerhalb von zwei Stunden eine Wand in die Höhe. Trotzdem ist es schwierig, Personal zu bekommen. Sieber ist froh über seine ausländischen Mitarbeiter. Ohne sie würde auf Deutschlands Baustellen wenig laufen.

Der Bau liegt gut im Zeitplan. Sieber schätzt, dass sein Part – der Rohbau – Ende Mai fertig ist. Die Wände der Tiefgarage stehen, das Erdgeschoss wächst gerade heran. Pro Geschoss rechnet Sieber mit drei Wochen, insgesamt sind es vier Etagen plus Dachgeschoss. „Bei dieser Auftragslage ist es natürlich besser, früher fertig zu sein.“ Ob das für das gesamte Betreutes-Wohnen-Projekt gilt, kann er nicht garantieren. Aber noch in diesem Jahr soll die Eröffnung sein. Das gefällt Sieber an seinem Beruf: Täglich sieht er das Gebäude wachsen. „Das ist das schönste Erfolgserlebnis, das gibt es sonst nirgends.“

Sieber kennt die Vorbehalte gegen den 10 Millionen Euro teuren Wohnkomplex des Investors BDP: zu hoch, zu klobig. Der Bedarf ist aber da; über 30 Prozent der Wohnungen waren beim Spatenstich bereits verkauft. Sieber kennt viele Menschen, denen ihr Einfamilienhaus und der dazugehörige Garten im Alter zu groß werden, die sich eine barrierefreie Wohnung im Herzen Horbs wünschen. „Wir werden ja alle mal älter“, sagt der 67-Jährige. Außerdem werden in diesem Gebäude einmal 60 bis 70 Leute leben. „Die Bewohner kaufen hier ein, gehen essen, lassen Geld liegen“, sagt er. Die Stadt würde ja davon profitieren. „Die Kernstadt braucht mehr Wohnungen, sonst stirbt sie“, ist seine Meinung.

Die Mauern für das Erdgeschoss des Betreutes-Wohnen-Projekts steht, und täglich wächst es ein Stück weiter in die Höhe. Bilder: Karl-Heinz Kuball

Die Mauern für das Erdgeschoss des Betreutes-Wohnen-Projekts steht, und täglich wächst es ein Stück weiter in die Höhe. Bilder: Karl-Heinz Kuball

„Lieber so ein Wetter wie 35 über Grad“

Die Baustelle bringt gerade Leben in die Stadt. Die Kräne surren, der Wind pfeift. „Aber lieber so ein Wetter wie 35 über Grad“, kommentiert Sieber. Hauptsache kein Frost.

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Erstellt:
14.03.2019, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 14.03.2019, 01:00 Uhr

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