Euphorie in der Quali

„O jogo bonito“ auf Deutsch

Das 3:0 in der WM-Qualifikation gegen die Tschechische Republik war eine Qualitätsdemonstration der DFB-Auswahl. Nur einige Tore mehr hätten es sein dürfen.

10.10.2016

Von THOMAS GOTTHARDT

Die Deutschen Sami Khedira (hinten, von links nach rechts), Toni Kroos, Mats Hummels, Joshua Kimmich, Thomas Müller, Jerome Boateng und Jonas Hector feiern den Treffer zum 2:0. Foto: dpa

Die Deutschen Sami Khedira (hinten, von links nach rechts), Toni Kroos, Mats Hummels, Joshua Kimmich, Thomas Müller, Jerome Boateng und Jonas Hector feiern den Treffer zum 2:0. Foto: dpa

Hamburg. Die Frage war dann einfach nur noch: Wer oder was stoppt „La Ola“, wer stoppt die Welle?

So ab der 70. Minute im WM-Qualifikationsspiel der deutschen Fußball-Nationalmannschaft gegen die Tschechische Republik suchten die 51?000 Zuschauer im ausverkauften Hamburger Volksparkstadion eine andere Beschäftigung. Die Partie hatte bis zu diesem Zeitpunkt (3:0) wirklich sehr viel Spaß gemacht, aber das Team von Bundestrainer Joachim Löw war dermaßen überlegen und der Gegner gleichermaßen hilflos, dass sich Langeweile breit zu machen drohte. Und da das hanseatische Publikum gerade selten Anlass für – Fußball-getriebene – euphorische Ausbrüche hat (siehe auch „Querpass“), initiierte also jemand im Publikum die Welle. Die erste Umrundung klappte nicht, weil ein Block einfach nicht mitmachte, was ein gellendes Pfeifkonzert zur Folge hatte. Dann aber ging's im wahrsten Sinne rund. Und immer weiter. Vermutlich hätte in dieser Phase nur ein Tor, egal von welcher Seite, „La Ola“ stoppen können. So aber lief sie ganz einfach irgendwann aus. Und das tägliche Ausgleichstraining für überwiegend sitzende Tätigkeit war vollbracht.

Der vierfache Weltmeister hatte sich aber auch tatsächlich alle Mühe gegeben, gegen den vermeintlich härtesten Konkurrenten um den Gruppenplatz eins, der direkt zur WM nach Russland führt, einen attraktiven Fußball zu spielen. Die Tore von Thomas Müller (13. Minute und 65.) und Toni Kroos (49.) waren allesamt prächtig herausgespielt. „O jogo bonito“, das schöne Spiel, bekam eine stark deutsche Färbung. Da sich die Deutschen nicht sonderlich intensiv um Defensivarbeit kümmern mussten, durften sich die beiden Innenverteidiger Jerome Boateng und Mats Hummels vermehrt um die Spieleröffnung, häufig mit langen Diagonalpässen, kümmern. Toni Kroos und Sami Khedira arbeiteten im zentralen Mittelfeld den organisatorischen Rest weg. Und dann ging es los über rechts, links oder durch die Mitte. So kam die DFB-Auswahl zu 14 Torschüssen innerhalb des Strafraums (insgesamt zu 18), zu einer Menge toller Torchancen durch Götze, Draxler & Co. Alleine die mittlerweile alte Schwäche verhinderte ein Debakel für die Gäste: die mangelhafte Chancenverwertung.

Joachim Löw jedoch wollte an diesem Abend erkennbar kein Wasser in den Wein gießen, dabei ist das Thema „Effizienz“ genau das, was ihn seit der Euro in Frankreich beschäftigt. Und nicht nur ihn. Über zehn Chancen für ein Tor seien zu viel, predigte er richtigerweise in der Nach-EM-Phase. Die Erkenntnis aus dem Samstag-Spiel ist nur um Nuancen anders, nicht aber was die Kernaussage betrifft: zu wenig Tore aus den vorhandenen Möglichkeiten, wobei zumindest die Gier nach weiteren Treffern in den 90 Minuten nicht nachgelassen hat. Das Kombinationsspiel war insgesamt präziser und rasanter, die Pässe härter und konsequenter, der Zug zum Tor entschlossener. „Im Sechzehner werden die Tore erzielt. Wenn man gefährlich sein und zum Abschluss kommen will, ist es wichtig, dass man im Strafraum präsent ist“, erklärte Löw und lobte: „Wir hatten sehr viele gute Angriffe.“

Mit sechs Punkten und 6:0 Toren setzt die deutsche Mannschaft zum Durchmarsch in der Gruppe C an. Auch der tschechische Trainer Karel Jarolim macht sich keine Gedanken mehr um Platz eins. „Deutschland war und ist die klare Nummer eins in der Gruppe, dahinter wird es einen harten Kampf um Rang zwei geben“, sagte der Nationalcoach, dessen Team am morgigen Dienstag gegen Deutschland-Verfolger Aserbaidschan (ebenfalls sechs Punkte) in Ostrau allerdings einen Heimsieg benötigt, um im Rennen um die WM-Fahrkarte zu bleiben.

Der makellose Start in die neue Qualifikation macht klar, dass das deutsche Team seine EM-Lehren endgültig gezogen hat. „Es ist eine Warnung gewesen, dass wir das eine oder andere Spiel nicht so angegangen sind wie wir sollten. Dieses Mal machen wir es besser“, sagte der Kölner Jonas Hector. Die zwei Jahre bis zur Titelverteidigung in Russland sollen besser genutzt werden. „Wir brauchen gegen Nordirland die gleiche Zielstrebigkeit Richtung Tor, die gleichen Laufwege, die gleiche Passpräzision“, verkündete der Bundestrainer mit dem Blick auf das bereits letzte Heimspiel dieses Jahres.

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Erstellt:
10.10.2016, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 04sec
zuletzt aktualisiert: 10.10.2016, 06:00 Uhr

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