Der Bierkeller: Kneipe auf der Kippe

Ob der Bierkeller den Umbau der Mensa in der Wilhelmstraße überlebt, ist ungewiss

Wir haben aus der Zeitung davon erfahren“, sagt Kai Stuber, Mitarbeiter im Bierkeller. Stuber ist einer von 15 Leuten, die den Laden gemeinsam schmeißen. Noch. Denn die Zukunft der besonders bei Studierenden beliebten Kneipe steht auf der Kippe.

24.11.2016

Von Philipp Koebnik

Ein Teil der Bierkeller-Mannschaft – von links: Kai Stuber, Samuel Herter, Laura Dierks, Sebastian Brenner und Luka Babic. Bild: Metz

Ein Teil der Bierkeller-Mannschaft – von links: Kai Stuber, Samuel Herter, Laura Dierks, Sebastian Brenner und Luka Babic. Bild: Metz

Im Zuge der geplanten Sanierung der Mensa Wilhelmstraße muss der Bierkeller voraussichtlich weichen – zum Verdruss nicht nur der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Ab Ende 2017 soll die Baumgarten-Mensa umgebaut werden. Die Sanierung ist Teil der Neugestaltung des Areals zwischen der Neuen Aula und der Mensa, wo ein neuer Campusplatz entstehen soll. Die Cafeteria im Erdgeschoss der Mensa wird vergrößert, die Fläche davor abgesenkt. Sie soll das gleiche Niveau erhalten wie der geplante Campusplatz und außerdem barrierefrei sein, so Bernd Selbmann, Leiter des Landesamts Vermögen und Bau.

Infolgedessen käme jedoch die Decke des Bierkellers zu weit herunter. Ihn ebenfalls nach unten zu versetzen, sei aus statischen Gründen kaum möglich. Denn: Die Mensa steht auf Pfählen – neue einzubringen sei schwierig und viel zu teuer, sagt Selbmann. Zwar sei man „noch in der Planung“. Dennoch: Würde das Vorhaben so umgesetzt, bedeutete es das Aus für den Bierkeller. Dessen Räume könnten nach der Sanierung zur Unterbringung von Technik genutzt werden.

Das Land als Eigentümer verpachtet die Mensa an das Studierendenwerk. Das wiederum vermietet einige unterirdisch gelegene Räume an den Bierkeller. „Uns ist vor allem ein optimaler Betriebsablauf wichtig“, sagte Simon Leimig, Pressesprecher des Studierendenwerks, im Hinblick auf die Sanierung. Dem Thema Bierkeller stehe man „sehr neutral gegenüber“.

Zuletzt ging das Gerücht um, das Uni-Museum (MUT) würde die Bierkeller-Räume für sein neues Depot gebrauchen. Das Anzeigenblatt „Tübingen im Fokus“ hatte Entsprechendes berichtet. Dem widerspricht MUT-Direktor Prof. Ernst Seidl: „Der Bierkeller liegt auf der ganz anderen Seite der Mensa.“ Das geplante neue Museumsdepot käme unter das bisherige Foyer der Mensa, sagt er. Dort befinden sich Lagerräume, die der Mensabetrieb jedoch schon länger nicht mehr benötigt. Sie böten die Möglichkeit, einige bisher „notdürftig“ gelagerte Schätze „einigermaßen angemessen unterzubringen“, so Seidl.

Mit dem Bierkeller verlöre Tübingen eine studentische Traditionskneipe – vor einem Jahr feierte sie ihr 30-jähriges Bestehen. Zu jenen, welche sie nicht missen wollen, gehören die Studierendenvertretungen. Die Fachschaften-Vollversammlung (FSVV) setzt sich für den Erhalt des Bierkellers ein. In der „im Herzen der Universität“ gelegenen Kneipe träfen sich Fachschaften für Sitzungen wie für Stammtische. Und: Die Preise seien für Studierende bezahlbar, weil die Betreiber „kein reines Gewinn-Interesse“ verfolgten.

„Man muss nur rausgehen, die Treppe runter, und schon kann man sich ein Bier bestellen“, sagt Manuela Lieb. Die 25-jährige Geowissenschaftlerin schätzt die Lage des Bierkellers: gegenüber ihrem Institut. „Es ist wie ein kleines Wohnzimmer“, sagt Gerald Buck, seit vielen Jahren Stammgast, über die familiäre Atmosphäre dort. „Die Kellner sind super nett und das Publikum ist angenehm“, findet Christina Hiller, die sich dort wohler fühlt als in anderen Locations.

Auch die „Bürgerinitiative Wilhelmvorstadt“ setzt sich für den Erhalt der Kneipe ein. „Wir haben angeregt, die bisherige Nutzung des Untergeschosses beizubehalten“, so Volker Renner, einer ihrer Sprecher, gegenüber dem TAGBLATT.

Bislang gibt es keine Alternative zu den vorgelegten Plänen. Trotzdem sind die Mitarbeiter zuversichtlich, das Ende ihrer Kneipe noch abwenden zu können. So wollen sie sich stärker mit den Fachschaften vernetzen. Auch läuft derzeit eine Petition auf www.openpetition.de, die bis Mittwoch mehr als 2600 Leute unterzeichnet haben, davon rund 1530 Tübingerinnen und Tübinger. „Wir wollen so viele Unterstützer wie möglich zusammenführen“, sagt Mitarbeiter Luka Babic. Der 23-Jährige ist sich sicher: „Viele fänden es schade, wenn diese Traditionskneipe wegfiele.“

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Eine Kneipe von Studierenden für Studierende

Als das Studierendenwerk vor 31 Jahren neue Pächter für den unter der Mensa Wilhelmstraße gelegenen Bierkeller suchte, bewarb sich auch eine Gruppe von Studierenden – und erhielt den Zuschlag. Seither verwalten Mitarbeiter die Kneipe kollektiv und gleichberechtigt. Dem eher linken Selbstverständnis ist auch ein anderer Grundsatz geschuldet: „Im Wichs gibt’s nichts“. Neben warmen Speisen und kühlen Getränken gibt es Motto-Partys, Happy hours, Musik und Ausstellungen. Der Montag ist Quiz-Tag. Außerdem treffen sich mehrere Fachschaften im Bierkeller.