Wagner trifft auf Palestrina

Orgelförderverein lud zur Chor- und Gitarrenmusik in die Liebfrauenkirche

In der langen Reihe der Benefizkonzerte für die Stiftskirchenorgel waren schon viele Solisten und Ensembles zu Gast. Organisten, Chöre, Streicher- und Bläserensembles, doch ein Gitarrist und ein solistisch besetztes Vokalensemble sind noch nicht dabei gewesen. So war das Konzert am vergangenen Samstag in der Liebfrauenkirche schon alleine von der Besetzung her etwas Besonderes.

17.11.2015

Von Norbert Gessler

Orgelförderverein lud zur Chor- und Gitarrenmusik in die Liebfrauenkirche

Horb. Der Name des Ensembles, „Cantat anima mea“, meine Seele singt, war dabei durchaus als Motto und Programm zu verstehen, denn durch die Musik wird unser Innerstes berührt. Und dem Ensemble und dem Gitarristen ist es beeindruckend gelungen, die innersten Saiten der Zuhörer zu bewegen.

Die fünf Sängerinnen und Sänger des Ensembles, das sich 2008 während eines Sommerkurses im schweizerischen Einsiedeln gebildet hat, widmen sich vorwiegend der fünfstimmigen Vokalmusik aus Renaissance und Frühbarock. Und so bestand die Programmauswahl aus Werken englischer, italienischer und deutscher Komponisten dieser Zeit.

Zu Anfang erklangen dabei bekannte Chorwerke wie etwa „A lieta vita“ von Giovanni Gastoldi oder „Tanzen und Springen“ von Hans Leo Hassler. Schon hier zeigte das Ensemble, das von der Sopranistin Susanne Kolb nahezu unmerklich geführt wurde, seine musikalische Qualität. Die ausgewogenen Einzelstimmen und der homogene Gesamtklang verströmten im weiten Kirchenraum einen bezauberten Wohlklang, der durch die differenziert gestaltete Dynamik noch eine Steigerung erfuhr.

Danach wartete Gitarrist Rossini Bartolotti-Hayward mit einer Besonderheit auf, der von ihm arrangierten Fantasie über Themen aus Richard Wagners Tannhäuser. Und wer geglaubt hatte, Richard Wagners Musik und die Gitarre seien ein Widerspruch in sich, wurde rasch eines Besseren belehrt. Der Solist aus Freiburg zeigte dabei eine Meisterschaft, die verblüffte und in Erstaunen versetzte. Und so entstand, umrahmt von der getragenen Melodie des Pilgerchores, ein völlig neues, aber höchst dynamisches Bild von Wagners Musik. Mit virtuoser und äußerst differenzierter Anschlagtechnik demonstrierte Rossini Hayward die Vielfalt der klanglichen Möglichkeiten einer Gitarre. Mal mit vollgriffigen Akkorden, dann wieder mit Arpeggio-Begleitung zur tremolierten Melodie füllten die Klänge vom Forte bis zum leisesten Piano den Kirchenraum. Wunderbar, wie aus dem Stimmengeflecht die melodieführenden Mittelstimmen herauszuhören waren, oder wie ein andermal die Melodiestimme den akkordischen Satz überstrahlte.

Gespannte Aufmerksamkeit und atemlose Stille ließen diese Darbietung zu einem besonderen Klangerlebnis werden.

Der zweite Chorblock war mit Werken von Schütz, Palestrina, Ingenieri und Gumpelzhaimer der geistlichen Musik gewidmet. Hier zeigte sich, dass das Vokalensemble, neben der heiter beschwingten Musik auch die besinnliche und nach innen gekehrte Seite dieser Zeit überzeugend darzustellen weiß.

Wunderbar, wie das Ensemble die sich abwechselnden Satztechniken gestaltete. Mal imitatorisch- polyphon, dann akkordisch-homophon oder in rasanten Parlandopassagen. Das stilsichere Umsetzen der musikalisch-rhetorischen Figuren, die den Text ausdeuten, die ausgefeilte Dynamik und die präzisen Einsätze zeigten, dass „Cantat anima mea“ ein Ensemble ist, das anspruchsvolle Kompositionen bravourös interpretiert.

Dann entführte Gitarrist Rossini Hayward die Zuhörer mit Agustin Mangores „Un Sueno en la Floresta“ und mit „Espanoletas“ und „Canarios“ Barockkomponisten Gaspar Sanz in eine völlig andere, vom spanischen Kolorit geprägte Klangwelt. Ehe dann das Vokalensemble unter anderem mit „Sing we and chant it“ von Thomas Morley, „Ach weh das Leiden“ von Hassler und „Amor vittorioso“ von Gastoldi noch einmal das vielfältige Spektrum dieser Epoche aufleben lies.

Mit lange anhaltendem, begeistertem Beifall bedankten sich die zahlreich erschienen Zuhörer für dieses exzellente Konzert. Und nach einer Zugabe, bei der Gitarre und Chor gemeinsam auftraten, schloss sich der Vorsitzende des Orgelfördervereins dem Dank an. Die sechs Musiker haben mit ihrem Konzert nicht nur die Reihe der Benefizkonzerte bereichert, sondern durch die eingegangenen Spenden auch die Restaurierung der Stiftsorgel unterstützt.

Das Ensemble „Cantat anima mea“ berührte mit ihrer Musik das Innerste der Zuhörer. Bilder: Kuball

Das Ensemble „Cantat anima mea“ berührte mit ihrer Musik das Innerste der Zuhörer. Bilder: Kuball