Empfingen · Gastronomie

Pächter verstimmt über SG Empfingen

Zu den Gründen der abrupten Schließung des Restaurants Seeblick Ende Januar schweigt der Pächter weiterhin, äußert aber Unmut. Dem Vernehmen nach könnte er ein neues Lokal übernehmen.

09.01.2020

Von Frank Wewoda

Ende März 2015 formieren sich Ralf Schima, Vorsitzender der SG Empfingen (rechts) und der damals als neuer Pächter des Restaurants Seeblick vorgestellte Achim Hirt (li.) zum Bild, der nun seit August 2015 das Lokal zusammen mit seinem Partner Stefan Öhlschläger (2. v. r.) führt. Die Raumgestalterin Vlasta Schulz war für das Design zuständig, das seither für gediegene Atmosphäre sorgt. Archivbild: Reinhard Seidel

Ende März 2015 formieren sich Ralf Schima, Vorsitzender der SG Empfingen (rechts) und der damals als neuer Pächter des Restaurants Seeblick vorgestellte Achim Hirt (li.) zum Bild, der nun seit August 2015 das Lokal zusammen mit seinem Partner Stefan Öhlschläger (2. v. r.) führt. Die Raumgestalterin Vlasta Schulz war für das Design zuständig, das seither für gediegene Atmosphäre sorgt. Archivbild: Reinhard Seidel

Achim Hirt hat am Montag die Schließung des von ihm geführten und beliebten Restaurants Seeblick für Ende Januar angekündigt. Seit einer Veröffentlichung von Hirt auf der Facebookseite des Restaurants und einer Mitteilung an die beiden Horber Printmedien, mit der die abrupte, Ende Januar beabsichtigte Schließung öffentlich wurde, deutet vieles darauf hin, dass Achim Hirt ein neues berufliches Engagement hat.

Da sein Mietvertrag laut dem Vereinsvorsitzenden der SG Empfingen, die der Verpächter ist, noch bis Ende Juni läuft und der Verein auch nicht gewillt ist, auf Pachteinnahmen zu verzichten, stellt sich ganz offensichtlich eine Frage: Warum sollte Achim Hirt sein gut gehendes Lokal ohne Not – und ohne persönliche Rücksprache mit dem Verpächter – bereits Ende Januar schließen und dann von Februar bis Juni für ungenutzte Räume Pacht zahlen? Hirt führt in seiner Mitteilung „persönliche Gründe“ an, die er auch gestern gegenüber der SÜDWEST PRESSE nicht näher ausführen wollte. Das eröffnet ein weites Feld an Spekulationen, das in Empfingen im Dorfgespräch emsig beackert wird. In seiner Pressemitteilung weist Hirt explizit auf den Verlust hin, den Empfingen durch die Schließung erleide. Wörtlich schrieb Hirt: „Nun verliert die Gemeinde Empfingen nach rund viereinhalb Jahren ein wichtiges gastronomisches Standbein, das auch einen wesentlichen Beitrag für die Lebensqualität in der Gemeinde geboten hat.“ Der Pächter lebt zusammen mit seinem Partner Stefan Öhlschläger in Sulz.

„Es liegt am Sportverein, einen neuen Pächter zu finden“

Nicht über die Gerüchteküche ärgert sich Achim Hirt nun, stört sich aber daran, dass die Verantwortlichen der SG Empfingen die Vertragsdetails den Medien mitgeteilt haben. Am Telefon meinte er gestern: „Was ab Februar passiert, liegt nicht in meiner Hand.“ Es liege nun am Sportverein, einen neuen Pächter zu finden – würde er selbst einen präsentieren, könnte der Verein ja diesen auch ablehnen.

SG-Vorsitzender Ralf Schima habe durch seine Äußerungen gegenüber der Presse angedeutet, er als Pächter wolle womöglich seine Pacht ab Februar nicht mehr bezahlen. Darüber zeigt sich Hirt nun am Telefon besonders verstimmt. „Es war keine Rede davon, dass der Verein die Pacht nicht kriegt“, so Hirt. Und weiter: „Das sind interne Sachen, die niemanden etwas angehen!“ Jedenfalls habe die Kündigung nichts mit dem Pachtvertrag zu tun.

Angesprochen auf ein in Empfingen zu hörendes Gerücht, er könnte alsbald das Gasthaus Rössle in Mühlheim übernehmen, sagt Hirt: „Die Gerüchte können noch so groß sein, das ist mir egal.“ Er werde sich nicht äußern. Die Rössle-Inhaberin Ursula Günther sagt telefonisch zu der Behauptung, ihr „Rössle“ könnte künftig auf Achim Hirt übergehen: „Das stimmt nicht, das hab ich auch schon gehört. Bis jetzt gehört das Rössle immer noch mir.“ Sie bestätigt aber Verhandlungen „mit einem Ehepaar“ – aussichtsreich seien diese.

Im Empfinger „Seeblick“ brummte am gestrigen Mittwoch das Geschäft auf dem Vereinsgelände der SG Empfingen. Das war nicht an jedem Werktag in der Vergangenheit so. Über mangelnden Zuspruch konnten sich Achim Hirt und sein Partner eigentlich nie beklagen. Zum einen sind Jahrgangstreffen und Zusammenkünfte der in Empfingen äußerst aktiven so genannten Kameradschaften ein wichtiges Standbein für die Betreiber gewesen, seit sie das Lokal im August 2015 übernommen haben. Zum anderen waren und sind die Mitglieder, Gäste und Zuschauer auf dem Vereinsgelände der SG Empfingen eine naturgemäß wichtige Zielgruppe angesichts der Lage der Räume mit der markanten, komplett verglasten Gebäudefront zum Tälesee hin. Für Weihnachts- und Familienfeiern sowie Versammlungen wie jene des VdK-Ortsvereins Empfingen wurde der „Seeblick“ zudem gerne reserviert.

Erlebnisgastronomie angestrebt

Auch Angehörige kamen nach Beerdigungen in der Familie gerne und bevorzugt in das seit dem Umbau gediegen und einladen wirkende Lokal. Die Gaststätte besitzt einen großen Raum, ein Nebenzimmer und eine üppige Terrasse mit Blick zum Tälesee, in den Häselgraben und hoch zum Kirchberg. Eine „Erlebnisgastronomie“, sowohl im kulturellen als auch im kulinarischen Bereich war das erklärte Ziel der Betreiber, wie beim Fototermin mit der Raumgestalterin Vlasta Schulz vor der Eröffnung zu hören und in der SÜDWEST PRESSE am 31. März 2015 entsprechend zu lesen war.

Ralf Schima, erhoffte sich damals durch den Pächterwechsel vor allem auch eine „Belebung des Vereinslebens“. Dies wiederum gelang womöglich zuletzt immer weniger. Jedenfalls ist in Empfingen zu hören, viele Sportler hätten zuletzt den „Seeblick“ eher gemieden. Ruhetage am Montag und Donnerstag kamen bei vielen weniger gut an, die nach ihren Trainingseinheiten gerne noch vom Spielfeld an die Bar wechseln, um die Kameradschaft zu pflegen.

„Sportler meiden Seeblick eher“

„Mittlerweile haben Sportler den Seeblick eher gemieden“, sagt dieser Empfinger. Ein Zerwürfnis zwischen Mitgliedern und Vertretern der SG Empfingen und Hirt scheint daher auch plausibel. Vielen Sportlern erschien das Ambiente am Ende auch zu schick. Den Namenszusatz „Sport-Restaurant“ strich der Gastronom mit der Übernahme. Vielmehr sollte er laut Betreiber vor allem ein „Erlebnisrestaurant“ sein, wie es auf der Webseite des Lokals heißt. Achim Hirts „Café zum Kehlhof“, das er vor dem „Seeblick“ in Empfingen betrieb, bot bereits eine Mischung aus Speisen und Kultur an. Vor allem Kaffee und Kuchen sind eine Kernkompetenz von Achim Hirt und seinem Team aus acht Mitarbeitern, die „alle inzwischen über die Geschäftsaufgabe informiert wurden“ laut Hirt. Dass Kaffeegäste das Lokal an Sonntagen öfter komplett einnahmen und kein Platz mehr für Sportler und Zuschauer der Heimspiele blieb, bot Konfliktpotenzial. Einige Musikveranstaltungen gab es unter Achim Hirt auch für die Gäste. Die müssen in dreieinhalb Wochen aber nun dauerhaft auf Hirts Kuchen und Programm verzichten. Warum, versteht bisher aber niemand.
„Rückerstattung kann leider nicht erfolgen“ – Gutscheine müssen nun noch schnell eingelöst werden.

„Rückerstattung kann leider nicht erfolgen“ – Gutscheine müssen nun noch schnell eingelöst werden.

Auf Nachfolgersuche: Die Inhaberin Ursula Günther bestätigt laufende Verhandlungen zum Gasthaus Rössle in Mühlheim . Bild: Herold Schwind

Auf Nachfolgersuche: Die Inhaberin Ursula Günther bestätigt laufende Verhandlungen zum Gasthaus Rössle in Mühlheim . Bild: Herold Schwind

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09.01.2020, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 09.01.2020, 01:00 Uhr

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