Küng optimistisch

Papst antwortet dem Tübinger Theologen

Der Tübinger Theologe Hans Küng sieht Bewegung beim Unfehlbarkeits-Dogma in der katholischen Kirche. Anlass für seine Einschätzung ist ein Antwortbrief von Papst Franziskus auf seinen Appell vom März.

27.04.2016

Von sg

Tübingen. Am 9. März erschien in Zeitungen verschiedener Länder ein Appell Prof. Hans Küngs an Papst Franziskus, einer „freien, unvoreingenommenen und ergebnisoffenen Diskussion der Unfehlbarkeitsproblematik“ Raum zu geben. Jetzt hat das Kirchenoberhaupt dem „lieben Mitbruder“ persönlich geantwortet.

Küng zeigt sich in einem Schreiben ans TAGBLATT und in der „Süddeutschen Zeitung“ zufrieden, dass der Papst „die Überlegungen hochschätzt“, die ihn zum Vorschlag geführt haben, das Dogma der Unfehlbarkeit zu diskutieren. „Einschränkungen macht Papst Franziskus keine. Damit hat er meinem Wunsch entsprochen, einer freien Diskussion des Dogmas der Unfehlbarkeit Raum zu geben“, freut sich der Wahltübinger, der die Unfehlbarkeit der Päpste 1970 in Frage stellte und dem die katholische Kirche 1979 die Lehrerlaubnis entzog.

Küng sieht auch Fortschritte seit seinem Schreiben vom März: „Damals konnte ich nicht ahnen, welchen Freiraum Papst Franziskus wenige Tage später im Nachsynodalen Apostolischen Schreiben Amoris laetitia eröffnete. Schon in der Einleitung erklärt er, ,dass nicht alle doktrinellen, moralischen oder pastoralen Diskussionen durch ein lehramtliches Eingreifen entschieden werden müssen‘. Er wendet sich gegen eine ,kalte Schreibtisch-Moral‘ und will nicht, dass sich die Bischöfe weiterhin wie ,Kontrolleure der Gnade‘ verhalten.“ Und noch mehr Äußerungen von Franziskus stimmen Küng zuversichtlich: „Wiederholt zitiert er Äußerungen der Bischofssynode und der nationalen Bischofskonferenzen. Er will nicht mehr der alleinige Sprecher der Kirche sein.“

Das Fazit des Tübingers: „Dies ist der neue Geist, den ich vom Lehramt schon immer erwartete. Ich bin überzeugt: Auch das Unfehlbarkeitsdogma, diese fundamentale Schicksalsfrage der katholischen Kirche, wird sich in diesem Geist endlich frei, unvoreingenommen und ergebnisoffen diskutieren lassen. Für diesen Freiraum gilt Papst Franziskus mein tief empfundener Dank.“ Küng geht noch weiter: „Ich verbinde ihn mit der Erwartung, dass sich die Bischöfe, Theologinnen und Theologen diesen Geist im kollegialen Gespräch vorbehaltlos zu eigen machen und an der Lösung dieser Aufgabe im Sinne der Schrift und der großen kirchlichen Tradition mitarbeiten.“