Oscars
„Parasite“ schreibt Geschichte
Brad Pitt ist zu Tränen gerührt, auch Joaquin Phoenix kann endlich über eine Trophäe jubeln. Der ganz große Gewinner des Abends aber kommt aus Südkorea – Regisseur Bong Joon-ho stellt gleich mehrere Rekorde auf.
Darüber hinaus katapultiert sich Regisseur Bong Joon-ho mit einem Schlag in die Kino-Elite, nimmt er an diesem Abend doch gleich vier Oscars mit nach Hause. Das ist in der über 90-jährigen Geschichte bisher nur Walt Disney im Jahr 1954 gelungen. Und noch ein Superlativ: „Parasite“ wurde in der Nacht zu Montag auch mit dem Auslands-Oscar geehrt. Nie zuvor bekam ein Werk die Trophäen für den besten Film und den besten nicht-englischsprachigen Beitrag.
Mit einem Schlag verstummten so auch viele der Kritiker, die zuvor bemängelt hatten, dass bei den Oscars vor allem weiße, ältere Männer nominiert waren. Stattdessen triumphierte nun ein Film mit hervorragenden Schauspielerinnen und Schauspielern aus Asien. Zugleich erzählt „Parasite“ eine universell gültige Geschichte über Klassenunterschiede: Im Zentrum steht eine Familie aus ärmlichen Verhältnissen, die sich geschickt in das Leben einer reichen Familie einnistet. Auf sehr unterhaltsame Weise und mit viel schwarzem Humor prangert Bong Joon-ho, der auch für das beste Original-Drehbuch ausgezeichnet wurde, so soziale Ungerechtigkeiten an und legt einen elegant inszenierten Alptraum vor.
Nach den drei Oscars für das mexikanische Drama „Roma“ im vergangenen Jahr könnte der Gewinn von „Parasite“ eine zaghafte Kehrtwende in Hollywood bedeuten, bei dem der Fokus nicht mehr ausschließlich auf dem US-Kino liegt. In diesem Jahr aber ließ der Erfolg von „Parasite“ erst einmal die Niederlage anderer Favoriten fast vergessen: Das Kriegsdrama „1917“ des Briten Sam Mendes ging mit zehn Nominierungen ins Rennen, konnte dann lediglich drei Nebenkategorien für sich entscheiden. Der große Verlierer dieser Verleihung aber war Martin Scorsese mit seinem Mafia-Epos „The Irishman“. Zehn Mal war die Netflix-Produktion nominiert – und ging am Ende völlig leer aus.
Renée Zellweger gewann für ihre Rolle der Judy Garland in „Judy“ wie erwartet die Auszeichnung als beste Schauspielerin. Alle um Regisseur Rupert Goold hätten sich bemüht, Garland und ihr Vermächtnis mit dem Film zu ehren, sagte sie. „Jeden Tag bei der Arbeit haben wir die Liebe für Ms. Garland gespürt.“
Laura Dern wurde für ihre Darstellung einer knallharten Scheidungsanwältin in „Marriage Story“ als beste Nebendarstellerin geehrt – am Abend vor ihrem 53. Geburtstag. „Das ist das beste Geburtstagsgeschenk aller Zeiten“, jubelte sie.
Auch Joaquin Phoenix durfte endlich auf die Oscar-Bühne. Nach „Gladiator“, „Walk The Line“ und „The Master“ klappte es nun im vierten Anlauf und der 45-Jährige holte sich seinen ersten Oscar. Den hatte er sich mit seinem intensiven Spiel als Batman-Gegenspieler im düsteren Thriller „Joker“ auch verdient. Seine Dankesrede nutzte Phoenix für einen flammenden Appell für Naturschutz und gegen Ungerechtigkeiten. „Ich glaube, wir sind dann am besten, wenn wir uns gegenseitig unterstützen.“
Es gäbe auch so viele tolle nominierte Regisseure, sinnierte Rock. „Ich weiß nicht, Chris, ich fand, dass da etwas auf der Liste fehlte“, sagte Martin in Anspielung darauf, dass nicht eine einzige Regisseurin nominiert war – worauf Rock frech entgegnete: „Vaginas?“. Aliki Nassoufis