Peter Handke - Bin im Wald. Kann sein, dass ich mich verspäte

Peter Handke - Bin im Wald. Kann sein, dass ich mich verspäte

In der Dokumentation versucht die Filmemacherin Corinna Belz, das Rätsel des Schriftstellers Peter Handke zu ergründen.

08.08.2016

Von Peter Ertle

Peter Handke lebt in einem Pariser Vorort am Waldrand, wildromantisch, das ist bekannt. Jetzt gibt es einen Film über diese „Niemandsbucht“, eine Homestory wie ein filmisches Pendant zu Handkes Literaturästhetik mit ihrer lauschenden, alles sanft überhöhenden Sprödigkeit, gedreht von Corinna Belz, die schon Gerhard Richter wunderbar porträtiert hat. Nun also Handke, der stete Fühlerausstrecker, der darauf besteht, nur der zu sein, der er ist, nichts vorzuspielen außer möglicherweise alles. Immerhin teilt er mit, dass er sich irgendwann einmal vorgenommen habe, genau das zu tun, was er jetzt eben tut und dass er gerne ein Leben wie einen Film hätte.

Er hat ihn nun. Zusammen mit den Filmsequenzen aus den bisherigen Lebensstationen und der Vorführung seiner heutigen Frau Sophie, seiner Tochter Leocadij und seiner erwachsenen Tochter Amina wird dieses Werk eine filmische Autobiographie. Sie zeigt den sanftmütig-trotzigen jungen Mann 1966 auf der Tagung der Gruppe 47 genauso wie den 1996 wegen seiner Haltung zum gerade zurückliegenden Jugoslawienkrieg angefeindeten Autor. Immer wieder: Der Pilzsammler, der Muschelausleger, der mit Stiften in Heften Schreibende. Minutenlang sehen wir ihm beim misslingenden Einfädeln eines Fadens in ein Nadelöhr zu. „Jesus Christus“, sagt er genervt, und als man sich schon ärgert, dass auch noch seine Flüche nur ein sanftes Stoßgebet sind – schiebt er doch noch ein „Arschloch“ hinterher.

Ja, es gibt komische Stellen: „Wo hast du den Mantel gekauft?“ fragt er seine Tochter Amina. Die Antwort kann eigentlich nur die Adresse eines Pariser Edelschneiders sein. Aber sie sagt: „Von C&A.“ Handke: „Ach so. Das beunruhigt.“ Und dann, doch, tun sich immer wieder Momente jener schönen Ernsthaftigkeit auf, mit der Peter Handke seit jeher versucht, den Abziehbildern des Lebens sein eigenes Neu- und Wiederfinden entgegenzusetzen.

Eine Homestory wie ein Pendant zu Handkes Literatur, spröde, ernsthaft, sanft überhöhend, stellenweise komisch.