Familiendrama über die emotionale Leere hinter der bürgerlichen Etikette.

Pingpong

Familiendrama über die emotionale Leere hinter der bürgerlichen Etikette.

24.11.2015

Von che

Pingpong

Gestern noch ein unbekannter Filmstudent, heute auf dem Siegertreppchen beim berühmtesten Filmfestival der Welt ? für den früheren Tübinger Matthias Luthardt hat sich der Ausflug nach Cannes gelohnt. „Das ist ein Traum, den ich nie zu träumen gewagt hätte?, sagte der 33-jährige ehemalige Mitarbeiter der Französischen Filmtage.

"Sein Film „Pingpong?, der in der Reihe „Semaine de la Critique? gezeigt wurde, gewann sowohl den Preis der Jungen Kritik als auch den des französischen Autorenverbandes SACD. Die zählen zwar nicht zu den ganz wichtigen Auszeichnungen ? für einen Debütfilm aus Deutschland sind sie dennoch mehr als respektabel. Auch die internationale Kritik bewertete „Ping Pong? fast einhellig postiv. Die nie mit Vergleichen geizenden französischen Kritiker zogen Parallelen zu Pier Paolo Pasolini. Das größte Kompliment, das man an der Croisette einem Film machen kann, kam vom Fachblatt „Hollywood Reporter?: „Ein französischer Film, auf deutsch gedreht?.

Tatsächlich ist „Ping Pong? ein starkes Stück Kino, in dem ganz sacht die ideologiekritischen siebziger Jahre nachklingen: Sanft im Tonfall, hart in der Sache und glasklar im Stil seziert Luthardt eine Familie des gehobenen Mittelstands. Nach dem Selbstmord seines Vaters platzt der 15-jährige Paul unangemeldet in die Villa seines Onkels, der sich dort mit gelangweilter Gattin und heimlich süffelndem Sohn ein heiles Vorstadt-Idyll vorgaukelt.

Anfangs will man den Eindringling in aller Höflichkeit loswerden, doch als das Familien-Oberhaupt überraschend auf Geschäftsreise muss, fängt es bei den Zurückgebliebenen zu knistern an ? bis hin zum Techtelmechtel zwischen Paul und seiner bis dato ganz auf ein Scheusal von Hund fixierten Tante Anna.

Kühl und distanziert in der äußeren Form, doch voll inniger Anteilnahme an seinen Figuren schildert Luthardt, wie eine gut bürgerliche Fassade, hinter der sich unterdrückte Konflikte stauen, zu bröckeln beginnt und zum schönen Schein hastig wieder verputzt wird. Am Ende steht die hilflose Wut der Jungen gegen die eisige emotionale Leere der Alten.