Empfingen · Bauland

„Pokernde“ Eigentümer laufen ins Leere

Versuchte Preistreiberei und Kuhhandel, bis die Gemeinde die Reißleine zog: Zwei störrische Eigentümer zwingen Empfingen, neues Bauland mit 45 Bauplätzen anders als geplant auszuweisen.

14.11.2019

Von Frank Wewoda

So wächst das Wohngebiet Fischinger Weg/Stunga nach Norden: Für die 45 geplanten und hier farbig eingezeichneten Grundstücke sind jetzt die ersten großen Hürden genommen.Plan: Büro Gfrörer

So wächst das Wohngebiet Fischinger Weg/Stunga nach Norden: Für die 45 geplanten und hier farbig eingezeichneten Grundstücke sind jetzt die ersten großen Hürden genommen.Plan: Büro Gfrörer

Die von vielen jungen Familien händeringend gesuchten und daher äußerst begehrten Bauplätze, insbesondere entlang der Autobahn 81, fordern von Kommunen wie Empfingen ganzen Einsatz. Es gibt zwar 130 in privater Hand befindliche und teils für „Enkele“, teils wegen Unstimmigkeiten in Erbengemeinschaften freibleibende Baulücken.

Doch ansonsten geben die Bebauungspläne in Empfingen nichts mehr her an neuen Grundstücken für den Wohnbau. Die Knappheit an Bauplätzen wurde voriges Jahr so groß, dass die Gemeinde kurzerhand einen Bauplatzvergabestopp verhängte und später die Vergaberichtlinien für Bauplätze änderte. Die Plätze wären sonst in absehbarer Zeit zur Neige gegangen. Seit Anfang 2019 sind „Auswärtige“ vom Bauplatzkauf in Empfingen nun ganz ausgeschlossen. Damit wurde das so genannte „Auswärtigenkontingent“ ersatzlos gestrichen, das pro Jahr zumindest einer jungen Familie von außerhalb den Kauf in Empfingen ermöglichte. Interessenten für einen der aktuell verfügbaren Bauplätze müssen sich nun wie erstmals Anfang 2019 bis spätestens 31. März 2020 bewerben. Bewerben können sich nur noch Empfinger Bürger, die seit mindestens drei Jahren in der Gemeinde leben und Berufstätige, die seit mindestens fünf Jahren hier arbeiten.

Weil die „Enkelesäcker“ zunehmend zum Problem werden und Bürgermeister Ferdinand Truffner ein Baugebot oder einen Bauzwang politisch ablehnt, setzt seine Verwaltung umso entschlossener auf die Karte der „Siedlungsentwicklung nach Paragraf 13b des Baugesetzbuches“. Diese wohl vorübergehende Regelung ermöglicht ein beschleunigtes Verfahren zur Ausweisung von Baugebieten, beispielsweise ohne langwierige Umweltprüfung. Für die Ausweisung müssen jedoch bis Ende des Jahres die bürokratischen Hürden genommen sein. Der so genannte Aufstellungsbeschluss muss bis zum 31. Dezember gefasst sein. „Man kann unter stark erleichterten Bedingungen einen Bebauungsplan aufstellen, es ist unglaublich wichtig, die Frist einzuhalten“, betonte Hauptamtsleiter Theo Walz.

Die Frist wahrte der Gemeinderat am Dienstagabend, als er grünes Licht gab für zwei größere Flächen, auf denen künftig private Häuslebauer zum Zug kommen sollen. Einmal geht es in Dommelsberg im Bereich „Wiesenstetter Weg“ um sechs Grundstücke als Reserve für die Zukunft, zum anderen im Kernort selbst um 45 Grundstücke in Größen zwischen 450 bis 600 Quadratmetern. Sie runden nördlich der Fischinger Straße das dortige Baugebiet „Fischinger Weg“ ab. Die Gemeinde ist auf die Eigentümer dieser Privatgrundstücke zugegangen, um sie zum Verkauf zu bewegen. 40 Euro pro Quadratmeter erhalten die Privatleute grundsätzlich aus der Gemeindekasse. Größtenteils liefen die Gespräche gut, Kaufverträge wurden ausgefertigt und unterschrieben. Doch es gab unrühmliche Ausnahmen: „Einige Eigentümer haben erst eine grundsätzliche Zustimmung signalisiert, dann jedoch angefangen, zu pokern“, erzählt Truffner. Zwei Grundstückseigentümer haben ihm zufolge sogar gezielt versucht, ihre Verhandlungsposition auszunutzen und forderten neben einem höheren Kaufpreis für die Gemeinde auch noch anderes, Sachfremdes, das Truffner nicht näher erläutern möchte. Als „versuchten Kuhhandel“ könne man diese Vorschläge allesamt werten. Dies brachte Truffner nun endgültig auf die Palme. „Wir sind doch kein Selbstbedienungsladen. Hier geht es um Steuergelder, wir müssen alle Eigentümer gleich behandeln.“ Sogar über Tauschflächen habe die Gemeinde versucht mit diesen Eigentümern zu einer gesichtswahrenden Einigung zu kommen – doch auch dies war vergeblich. Truffner: „Die Gemeinde hat sich ab dann gesagt: Wir müssen die Reißleine ziehen!“

Jetzt seien die betreffenden Grundstücke erst einmal aus der Siedlungsentwicklung herausgefallen. Im Klartext: Die Gemeinde hat die Erweiterung des Wohngebiets Fischinger Weg nun um diese Grundstücke herum geplant. Doch Truffner hofft weiterhin auf Einsicht: „Wir hoffen, dass wir noch eine Lösung hinbekommen.“

Bürgermeister Ferdinand Truffner deutet in der Landschaft auf die von der Gemeinde aufgekauften Grundstücke. Hauptamtsleiter Theo Walz hilft bei der Orientierung. Bild: Frank Wewoda

Bürgermeister Ferdinand Truffner deutet in der Landschaft auf die von der Gemeinde aufgekauften Grundstücke. Hauptamtsleiter Theo Walz hilft bei der Orientierung. Bild: Frank Wewoda

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Erstellt:
14.11.2019, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 45sec
zuletzt aktualisiert: 14.11.2019, 01:00 Uhr

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