Geburtstag

Politisch und sozial aktiv für die Wahlheimat

Klaus Schätzle wird heute 70 Jahre alt. Der dienstälteste Stadtrat blickt auf 32 Jahre in Gremien zurück – und will 2019 wieder antreten. Als Vermittler von Geschichte ist der Sozialdemokrat engagiert. Von Cristina Priotto

23.01.2018

Von Cristina Priotto

Klaus Schätzle Bild: Priotto

Klaus Schätzle Bild: Priotto

Auf dem Abiturs-Zeugnis und dem Staatsexamen steht Franz Nikolaus Schätzle. „Ich habe aber nie anders als Klaus geheißen“, versichert Klaus Schätzle.

Als solcher ist der heute 70-Jährige auch in Sulz bestens bekannt: Generationen von Schülern des Albeck-Gymnasiums hat der passionierte Historiker geschichtliche Zusammenhänge vermittelt, und seit 1984 vergeht keine Gemeinderatssitzung, ohne dass der SPD-Stadtrat sich zu Wort meldet.

Ursprünglich stammt Schätzle aus Hirschhorn bei Heidelberg. Dort und in Tübingen studierte Klaus Schätzle Politik, Geschichte und Anglistik auf Lehramt. Eigentlich wollte der begeisterte Schreiber und Geschichtsinteressierte Redakteur oder Archivar werden. „In letzter Sekunde“ entschied Schätzle sich für den Lehrerberuf. „Das hat sich als Glücksgriff herausgestellt“, zieht der seit sieben Jahren pensionierte ehemalige Oberstudienrat ein zufriedenes Fazit. Auf das Referendariat in Schramberg folgte die erste Stelle in Schwenningen.

1975 zog der Gymnasiallehrer nach Sulz, um am Albeck-Gymnasium zu unterrichten – und blieb der Einrichtung bis zur Pensionierung im Jahr 2011 treu. In der Wahl-Heimat Sulz hat der 70-Jährige bereits 43 Jahre verbracht, mehr als die Hälfte seines Lebens.

Die Aussicht auf kommunalpolitische Berichterstattung als Lokalredakteur hatte Schätzle abschreckend gefunden. Selbst im Gemeinderat aktiv zu sein, das wollte der Sozialdemokrat aber schon 1980. Die erste Kandidatur auf der damaligen SPD/FDP-Liste scheiterte, doch 1984 sicherte sich Klaus Schätzle ein Mandat.

Die lebenslange Liebe zur SPD, in die der Freidenker 1972 eintrat („wegen Willy Brandt“) erlitt 1992 einen Bruch wegen der damaligen Flüchtlingspolitik. Vorübergehend trat Schätzle aus der Partei aus und legte alle kommunalpolitischen Ämter nieder. Bei den Kommunalwahlen 1994 kandidierte der Rückkehrer erneut, ein Jahr später trat der Sozialdemokrat wieder in die Partei ein. Seither gehört Klaus Schätzle dem Sulzer Gemeinderat und dem Ortsverband an und ist damit der älteste und zugleich auch der am längsten amtierende Stadtrat in dem kommunalpolitischen Gremium.

Die wichtigste und zugleich bitterste kommunalpolitische Erfahrung in bislang 32 Jahren war aus Schätzles Sicht die Schließung des Krankenhauses im Jahr 1985. Doch auch die Insolvenz der Steeb-Werke, Arbeitslosigkeit, das Nein zur Daimler-Ansiedlung und das Kindergarten-Szenario erlebte das Gremiumsmitglied.

Noch realisiert sehen möchte der SPD-Stadtrat die Entwicklung der Stadt zum Zentrum, die Schaffung qualifizierter Arbeitsplätze im „InPark A81“ und im regionalen Gewerbegebiet, mehr kulturelle und soziale Integration und die Schaffung bezahlbaren ökologisch vertretbaren Wohnraums.

Beim Thema Abwanderung qualifizierter Fachkräfte betätigt sich der 70-Jährige regelmäßig als einsamer Rufer in der Wüste. „Wir müssen ein Zentrum werden, wenn wir vermeiden wollen, zur Schlafstadt zu werden“, fordert Schätzle. Zudem sähe der Akademiker in Sulz gerne eine Außenstelle einer Hochschule.

Gescheitert sind die Sozialdemokraten im Sulzer Gemeinderat hingegen vor zwei Jahren mit dem Vorstoß, die unechte Teilortswahl abzuschaffen: 67,4 Prozent stimmen beim ersten Bürgerentscheid in der Geschichte der Stadt für die Beibehaltung. „Das muss man akzeptieren, dass es nicht geklappt hat“, bewertet der Initiator das Ergebnis ohne Zorn. Gelernt habe die Rats-SPD daraus, dass andere Fraktionen zuerst von etwas überzeugt werden müssten, damit ein Anliegen Erfolg haben könne. „Dann tritt allerdings unser Profil als SPD zurück, das ist immer ein Dilemma“, weiß Schätzle.

In bleibender Erinnerung geblieben ist dem Historiker die Enthüllung der Gedenktafel zur Erinnerung an Zwangsarbeiter auf dem Friedhof im Jahr 2004, die ebenfalls auf Initiative der SPD-Gemeinderäte mit dem Kultur- und Heimatverein erfolgte. Letzterem trat Schätzle vor 14 Jahren bei und ist seit 2010 zweiter Vorsitzender sowie Organisator und Leiter bei Studienfahrten.

Der überzeugte Radfahrer setzt sich für mehr Radwege ein und engagierte sich schon früh für einen barrierefreien Bahnhof.

Nach so langer Zeit als Mandatsträger auch im Kreistag hat Klaus Schätzle eine wichtige Erkenntnis: „Man kann nicht ewig im Gemeinderat sitzen und die Leute für Gegner halten. Man muss akzeptieren, dass andere Leute andere Dinge anders sehen“. Das Klima im Sulzer Gremium ist aus Sicht des 70-Jährigen aber „außergewöhnlich gut“. Zwar werde bisweilen in der Sache gestritten, als Menschen behandelten sich die Ratsmitglieder untereinander in Sulz aber anständig, sagt Klaus Schätzle, der in 32 Jahren Dutzende Kollegen am Ratstisch kommen und gehen sah.

Die in Sitzungen verbrachten Stunden hat der dienstälteste Stadtrat nicht gezählt. Amtsmüde ist der SPD-Kommunalpolitiker und Kreisrat nicht. Sicher ist daher eine erneute Kandidatur bei den Kommunalwahlen 2019.

Experte für Lokalgeschichte

Die eigene Begeisterung für Geschichte vermittelte der (Lokal-) Historiker nicht nur als Lehrer, sondern klärt seit vielen Jahren auch Bürger bei Stadtführungen insbesondere über die Sulzer Geschichte im Dritten Reich auf. Zudem verfasste der Sozialdemokrat 2017 zum AfD-Landesparteitag eine „Sulzer Erklärung“.

Den Blick aufs Leben verändert hat aber in den jüngsten Jahren nicht die Politik, sondern die fünfjährige Tochter seiner Lebensgefährtin. „Da kriegt man eine ganz eigene Verantwortung“, sagt der Neu-Siebziger nachdenklich.

Außer mit der Familie verbringt Schätzle seine Freizeit am liebsten auf Reisen, beim Radfahren, Wandern oder Segeln.

Mit der Familie wird Klaus Schätzle heute auch seinen 70. Geburtstag feiern. Eine Party mit Freunden steigt am Wochenende.

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Erstellt:
23.01.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 32sec
zuletzt aktualisiert: 23.01.2018, 01:00 Uhr

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