Im Notfall kein Hindernis

Poller zur Verkehrsberuhigung telefonisch versenkbar

Das Beispiel Rottenburg zeigt: Der hydraulische Poller in der Tübinger Neckargasse wird für die Rettungsdienste kein Problem.

30.08.2017

Von Uschi Hahn

Zwei Poller sind am oberen Ende der Neckargasse schon installiert, der dritte wartet auf seine Montage und wird per Funk versenkbar sein. Bild: Hahn

Zwei Poller sind am oberen Ende der Neckargasse schon installiert, der dritte wartet auf seine Montage und wird per Funk versenkbar sein. Bild: Hahn

Zwei sind schon da. Das Loch für den dritten Poller ist gebohrt. Bisher hatten die Handwerker nur keinen Termin frei, um ihn zu montieren. Am Übergang vom Tübinger Holzmarkt in die Neckargasse ist demnächst also kein Durchkommen mehr für den normalen Verkehr. Die Altstadt als Abkürzung, zum Beispiel für Autofahrer und Lieferverkehr, die nicht die Mühlstraße abwärts fahren dürfen, gehört der Vergangenheit an.

Was aber ist mit den Rettungsdiensten? Polizei, Feuerwehr, Krankenwagen und Notarzt sind im Notfall auf den kürzesten Weg zum Einsatz angewiesen. Dabei werden sie auch in Tübingen künftig nicht behindert. Denn der dritte Sperrpfosten, der noch auf seine Montage wartet, ist ein elektrisch betriebener, hydraulischer Poller und soll im Notfall kein Hindernis sein. „Wir haben eine Technik mit GSM-Modul“, erklärt Ulrich Rentschler vom städtischen Tiefbauamt. GMS ist die Abkürzung für Global System for Mobile Communications. Der dritte Poller ist also mit einem Funkmodul ausgestattet, das eine Steuerung über eingespeicherte Telefonnummern zulässt. „Bei Berechtigung lässt sich der Pfosten übers Telefon versenken“, erklärt Rentschler das Prinzip.

Eingespeist werden Nummern aller Rettungsdienste inklusive der Polizei – vor allem aber die der integrierten Leitstelle von Deutschem Roten Kreuz (DRK) und Feuerwehr. Wer sonst die Zugangsdaten für die Funksteuerung erhält, ist noch nicht ganz ausgemacht. Rentschler geht von insgesamt „20 bis 25 Nummern“ aus.

Rainer Wizenmann, Leiter des Rettungsdienstes beim DRK, ist zufrieden mit der Lösung. „Der Poller ist kein Problem für uns.“ Die Stadt sei „frühzeitig“ aufs Rote Kreuz zugekommen.

Beim kreisweit zuständigen DRK hat man Erfahrungen mit derart fernsteuerbaren Pollern. In Rottenburg ist die Technik seit Jahren auf dem Marktplatz im Einsatz. Drei elektrisch versenkbare Poller sorgen dort für Verkehrsberuhigung. „Wir sind zufrieden, wie es funktioniert“, so Wizenmann. „Die Anlage hat an die 60 000 Euro gekostet“, sagt Birgit Reinke, in der Stadtverwaltung für die Öffentlichkeitsarbeit zuständig, über die 2013 beschlossene Lösung. Auch die Rottenburger Sperrpfosten sind von der DRK-Leitstelle ansteuerbar. „Wenn die in der Rettungsleitstelle das Knöpfchen drücken, bleiben die Poller dauerhaft unten, solange, bis sie jemand aktiv wieder hochfährt“, sagt Reinke über die Schaltung.

Im Zweifel hilft der Dreikant

Eine Rottenburger Besonderheit: Hier können auch Busfahrer die Poller per Handy bedienen. Denn anders als über den Tübinger Holzmarkt fahren über den Marktplatz in der Domstadt verschiedene Stadtbusse.

Für Zulieferer und Anlieger ist die Durchfahrt in der Rottenburger Fußgängerzone morgens zwischen 6 und 11 Uhr frei. In dieser Zeit bleiben die Poller grundsätzlich versenkt, wie Reinke erklärt. Sollte die Technik einmal versagen, lassen sich die Pfosten manuell bedienen – zum Beispiel von Mitarbeitern des Ordnungsamtes, das seinen Sitz in Sichtweite auf dem Marktplatz hat.

In der Tübinger Neckargasse ist noch nicht endgültig geklärt, ob der versenkbare Poller in der Lieferzeit zwischen 6 und 10 Uhr unten ist oder oben bleibt.

Sicher dagegen ist, dass beim Versagen der Fernsteuerung oder der Hydraulik immer noch ein Weg bleiben wird für Rettungsdienste. Die bereits installierten Pfosten nämlich lassen sich mit einem Dreikantschlüssel umlegen. Darüber ist man beispielsweise bei der Feuerwehr froh, die bei einem Brandalarm mit deutlich breiteren Einsatzfahrzeugen anrückt als das Rote Kreuz.

Die medizinischen Nothelfer dagegen setzen auf den Knopfdruck. Einen Dreikantschlüssel hat zwar auch jeder Rettungswagen dabei. Aber der Rettungsdienstleiter Wizenmann hat „keine Lust, dass unsere Leute da ewig mit einem Dreikant rummachen müssen“. Es sei „wertvolle Zeit, die da verloren geht“.

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Erstellt:
30.08.2017, 01:01 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 30.08.2017, 01:01 Uhr

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