Warschau

Polnischer Großmeister des Kinos ist tot

Mit 90 Jahren ist Andrzej Wajda gestorben. Er interpretierte in seinen Filmen das Heute und sein Verhältnis zur Geschichte.

11.10.2016

Von epd

Auch eine moralische Instanz: Andrzej Wajda. Foto: dpa

Auch eine moralische Instanz: Andrzej Wajda. Foto: dpa

Warschau. „Mein ganzes Leben lang war ich wild entschlossen, unabhängig zu sein“, heißt es in Andrzej Wajdas autobiografischem Dokumentarfilm „Soll und Haben“ von 1999. Sechs Jahrzehnte lang hat er bahnbrechende Filme gedreht: Auseinandersetzungen mit Geschichte und Gegenwart Polens. Am Sonntagabend starb er im Alter von 90 Jahren in Warschau.

Vielfach ist Wajda ausgezeichnet worden, erstmals 1957 in Cannes mit einem Sonderpreis der Jury für „Der Kanal“. Es folgten unter anderem ein Oscar für sein Lebenswerk, Goldener Ehrenbär der Berlinale, Goldener Löwe in Venedig.

Andrzej Wajda wurde 1926 in Suwalki geboren, nahe der russischen Grenze. Für den Sohn einer Lehrerin und eines Offiziers war die Kindheit zu Ende, als mit dem deutschen Überfall auf Polen 1939 der Zweite Weltkrieg begann.

Der Vater verschwand 1940. Später stellte sich heraus, dass er Opfer des sowjetischen Geheimdienstes NKWD geworden war, der mehr als 20?000 polnische Offiziere und Zivilisten ermordet hat, unter anderem im Massaker von Katyn.

Wajda arbeitete sein Trauma in „Das Massaker von Katyn“ (2007) auf. „Es gibt Stalins Unterschrift auf dem Tötungsbeschluss“, sagte er. „Ich wollte zeigen, dass Katyn von einem verbrecherischen System verursacht wurde, auf Befehl Stalins – nicht von ,den Russen?.“

Wajda erlebte die Okkupation in Krakau. Er arbeitete hart in einer Schlosserei, zeichnete und malte. Nach dem Krieg studierte er an der Kunstakademie, dann an der Staatlichen Filmschule in Lodz. „In meiner Jugend habe ich gehofft, man könnte die Welt verändern – und verbessern. Der Film sollte eines der wirksamsten Mittel dazu sein.“

Zu seinen Erfolgen gehören „Der Mann aus Marmor“ (1976) und „Mann aus Eisen“ (1981): Ersterer entlarvt die legendäre Superleistung eines Maurers als Propagandalüge, während „Der Mann aus Eisen“ sich vor dem Hintergrund des Danziger Hafenarbeiter-Streiks 1980 für mehr Demokratie und Menschenrechte einsetzt.

Wajda mischte sich immer politisch ein. Das brachte ihm zu Zeiten des Kriegsrechts in Polen ab 1981 quasi Berufsverbot ein, er konnte eine Weile nur im Ausland arbeiten. 1989 wurde er für die Solidarnosc in den polnischen Senat gewählt.. epd