Nachruf · Jan Schürnbrand

Präzise Kommentare, verständliche Lehre

Der Zivilrechtler Jan Schürnbrand starb im Alter von 44 Jahren

08.11.2016

Von Prof. Mathias Habersack, München

Bei den Studierenden waren die Vorlesungen des Juristen Jan Schürnbrand außerordentlich beliebt.Archivbild: Sommer

Bei den Studierenden waren die Vorlesungen des Juristen Jan Schürnbrand außerordentlich beliebt.Archivbild: Sommer

Völlig unerwartet verstarb am 23. Oktober im Alter von nur 44 Jahren der Tübinger Zivilrechtslehrer Jan Schürnbrand. 1972 in Berlin geboren, studierte Schürnbrand nach glänzend bestandenem Abitur und Ableistung des Zivildienstes Rechtswissenschaften, zunächst in Konstanz und in München. In München absolvierte Schürnbrand auch das Referendariat. Den wiederum glänzend bestandenen Staatsexamina (1998, 2000) folgte die Tätigkeit als Assistent am Mainzer Lehrstuhl des Verfassers.

Bereits die mit „summa cum laude“ bewertete Dissertation über ein zivilrechtsdogmatisches Thema („Der Schuldbeitritt zwischen Gesamtschuld und Akzessorietät“, 2003) und die einem Zentralbegriff des Gesellschaftsrechts gewidmete Habilitationsschrift („Organschaft im Recht der privaten Verbände“, 2007) weisen Schürnbrand als profunden Kenner sowohl des allgemeinen Bürgerlichen Rechts als auch des Gesellschaftsrechts aus. Beide Schriften sind in renommierten Reihen erschienen und sogleich auf große Resonanz in der Fachwelt gestoßen.

Weiterer Erfolg ließ deshalb nicht lange auf sich warten. Bereits 2008 hat Schürnbrand den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Wirtschaftsrecht an der Universität Erlangen-Nürnberg übernommen, um sodann zum 1. April 2012 den Tübinger Ruf auf den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Handels- und Gesellschaftsrecht, Rechtsvergleichung anzunehmen. Dem Verfasser dieser Zeilen war dies Stolz und Freude, hatte er doch zuvor diesen Lehrstuhl inne.

In den gerade einmal acht Jahren, die ihm als Hochschullehrer vergönnt waren, hat Schürnbrand ein beachtliches wissenschaftliches Werk geschaffen, dessen Zentren das Recht der Kapitalgesellschaften und das Verbraucherschutzrecht bilden. Neben zahlreichen Aufsätzen in renommierten Zeitschriften sind es vor allem Kommentierungen in Standardwerken der Rechtsliteratur, die Schürnbrand ungeachtet seiner noch jungen Jahre den Rang als geschätztes Mitglied der Gemeinde der Zivilrechtslehrer im Allgemeinen und der Gesellschaftsrechtler im Besonderen eingebracht haben.

Zu verdanken ist dies nicht zuletzt den Charakteristika seines Werkes, nämlich größte Präzision, Methodenbewusstsein, Klarheit der Gedankenführung und Sinn für die Gegebenheiten und Bedürfnisse der Rechtswirklichkeit. Seine außerordentliche Begabung hat es Schürnbrand im Übrigen ermöglicht, vielzitierte Beiträge zu den Grundlagen der Rechtswissenschaften (etwa zur Auslegung nationalen Rechts im Lichte europäischer Vorgaben oder zu den Grenzen der richtlinienkonformen Rechtsfortbildung im Privatrecht) sowie zu Schnittstellen zwischen Gesellschafts- und öffentlichem Recht (insbesondere zum Recht öffentlicher Unternehmen) zu verfassen.

Die beeindruckende Schaffenskraft und Vielseitigkeit Schürnbrands zeigt sich nicht zuletzt auch darin, dass allein in diesem Jahr umfängliche Kommentierungen zum Recht der Europäischen Aktiengesellschaft, zu kapitalmarktrechtlichen Publizitätspflichten und zum Verbraucherdarlehensrecht erschienen sind und sich Kommentierungen zum Recht der öffentlichen Unternehmen, zum Umwandlungsrecht und zum – erneut reformierten – Verbraucherdarlehensrecht im Druck befinden und damit posthum erscheinen werden.

Neben der Wissenschaft lag Jan Schürnbrand die Lehre am Herzen. Seine Vorlesungen waren, wen wundert’s, durch Präzision und Verständlichkeit geprägt und bei den Studierenden überaus beliebt. Zum Verbraucherschutzrecht hat Schürnbrand ein auf seine Vorlesungen zurückgehendes Lehrbuch verfasst, das 2011 in erster und 2014 in zweiter Auflage erschienen ist und sich zu einem Standardwerk entwickelt hat.

Ungeachtet des nach Zahl und Qualität der Veröffentlichungen überaus beeindruckenden wissenschaftlichen Werkes war Jan Schürnbrand ein ausgesprochen humorvoller und geselliger Mensch; Begegnungen mit ihm waren durch freundschaftlichen Ton geprägt und stets bereichernd. Ganz besonders wichtig waren Jan Schürnbrand seine Frau und seine drei Kinder. Ihnen gilt unser ganzes Mitgefühl.

Prof. Mathias Habersack,

Ludwig-Maximilians-

Universität München