Kniebis · Corona

Purer Frust in der Hochsaison

Matthias Bäuerle ist trotz Hygienekonzepte der Ski- und Schneeschuh-Verleih auf dem Kniebis untersagt. Er wirft deshalb der Politik Versagen vor.

07.01.2021

Von Monika Schwarz

Outdoor-Experte Matthias Bäuerle, der professionell für den Wintersport gerüstet ist, fühlt sich und seine Branche von staatlicher Seite derzeit ziemlich alleine gelassen. Bild: Monika Schwarz

Outdoor-Experte Matthias Bäuerle, der professionell für den Wintersport gerüstet ist, fühlt sich und seine Branche von staatlicher Seite derzeit ziemlich alleine gelassen. Bild: Monika Schwarz

Normalerweise hätte der Ski- und Schneeschuhverleih von Matthias Bäuerle auf dem Kniebis derzeit Hochsaison. „Selten hatten wir in den letzten Jahren um diese Zeit so viel Schnee wie jetzt“, sagt er. Das Verkehrschaos und den unkontrollierten Ansturm der Besucherströme auf seinen Heimatort (die SÜDWEST PRESSE berichtete) erlebt er hautnah – und mittendrin.

Bäuerle kann verstehen, dass die Menschen in diesen Tagen mehr denn je das Bedürfnis nach Natur und frischer Luft verspüren. Dass sie sich in der Natur und auf den Loipen aber völlig unkontrolliert bewegen können, während man ihm als gewerblichem Betreiber den Skiverleih untersagt, versteht Bäuerle nicht.

„Wir haben sehr gute Hygienekonzepte ausgearbeitet und wir hätten das ganze Geschehen ja auch kontrollieren können, wenn man uns gelassen hätte“, verweist er auf geführte Schneeschuhtouren und Langlaufkurse mit mit jeweils maximal möglicher Teilnehmerzahl. Aus seiner Sicht hätten gerade Anbieter wie er das derzeitige Chaos zumindest ein Stück weit in geregeltere Bahnen lenken und so die Landesregierung bei der Umsetzung der Vorgaben auch unterstützen können.

Tatsache sei im Moment aber die, dass das Land Verordnungen erlassen habe, die es mangels Personal noch nicht einmal kontrollieren könne.

Für Bäuerle hat der Frust in dieser Pandemie aber bereits viel früher begonnen. Er hatte sich bereits vor dem harten Lockdown an die Politik und die zuständigen Stellen in den Ministerien gewandt, um die geltenden Regelungen für seine Branche zu erfragen und nichts falsch zu machen. Auf konkrete Antworten wartet er bis heute. „Da versteckt sich einer hinter dem anderen oder man bekommt überhaupt keine Antwort“, sagt Bäuerle frustriert: „Die Feedbackkultur dieser Landesregierung ist eine Katastrophe.“

Sofort reagiert habe im Grunde nur der Landtagsabgeordnete Dr. Timm Kern , der sich zwischenzeitlich mit einem Schreiben an Innenminister Thomas Strobl und Sozialminister Manfred Lucha gewandt habe.

Im dem der Redaktion vorliegenden Schreiben fordert Kern eine Erörterung der Lage mit den Verantwortlichen vor Ort und verweist ausdrücklich auf „detaillierte Hygienekonzepte“ und den dadurch– auch aus seiner Sicht – ermöglichten kontrollierten Ablauf. Die Antwort steht noch aus.

Bäuerle selbst wundert sich auch darüber, dass offenbar mit zweierlei Maß gemessen wird. Aus dem Bereich des Naturparks Südschwarzwald wisse er, dass dort geführte Schneeschuhtouren im Soft-Lockdown durchgeführt worden sind. Diese habe man von offizieller Stelle mit dem „öffentlichen Auftrag“ und der „Verkehrslenkung“ begründet.

Warum das nicht in gleichem Maße für private Anbieter gelte, verstehe wer will. „Wenn man uns machen ließe, dann hätten wir doch eine Mitkontrolle über diesen Massenansturm und wir könnten auch verhindern, dass Leute einfach querfeldein oder mit Schlitten über die Loipen fahren“, so Bäuerle kopfschüttelnd.

Umsetzbar wäre diese „Kontrollfunktion“ sogar vergleichsweise einfach: Durch eine ganz gezielte Terminvergabe beim Verleih und strikte Teilnehmerbegrenzungen bei geführten Touren. Es sei ja nicht so, dass all das jetzt nicht stattfinde, dies aber eben völlig unkontrolliert.

Einmal habe er auf dem Parkplatz die Polizei direkt angehalten und gefragt, wie es nun eigentlich aussehe mit seinem Skiverleih. „Das wissen wir auch nicht“, hätten die Polizisten geantwortet und dann auf den geschlossenen Baumarkt („Wenn der nicht aufmacht, dürfen Sie auch nicht“) und schließlich auch noch auf das Landratsamt verwiesen: „Fragen Sie dort nach.“

„Das heißt doch, dass die Behörde, die hier kontrolliert eigentlich gar nicht richtig weiß, was und wen sie überhaupt kontrollieren soll und was überhaupt Sache ist“, fasst Bäuerle dieses Erlebnis zusammen.

Was immer wieder stattfinde, das seien ganz gezielte Kontrollen nach entsprechenden Hinweisen aus der Bevölkerung: „Wir kommen da langsam in ein Denunziantentum hinein.“ Und das, während man die Massen überhaupt nicht unter Kontrolle bekomme.

Unbefriedigend seien zudem die Hilfe-Regelungen, die sich an den Umsätzen des Vorjahres orientieren. Mit gerade mal zwölf Umsatztagen habe man im vergangenen milden Winter deutlich unter dem langjährigen Mittel gelegen, so Bäuerle dazu. Seine Fragen, ob man dann nicht zumindest den Schnitt der vergangenen fünf Jahre als Bemessungsgrundlage nehmen könne, habe ihm bis heute niemand beantwortet. Persönlich versuche er derzeit, seine Unkosten maximal zu drücken, beispielsweise durch Tarifwechsel bei Versicherungen oder Kündigungen.

Geplant hat Bäuerle, der immerhin 140 Paar Schneeschuhe, 300 Langlauf-, Skating-und Klassik Skipaare sowie 60 Schlitten besitzt, nun einen „Online to Go“-Skiverleih mit digitaler Voranmeldung und jeweils begrenztem Tageskontingent (buchbar per Mail an Info@mb-outdoorsports.de). Auch Abholzeiten würden darin genau festgelegt, um Anstürme zu vermeiden.

Wie es ansonsten weitergeht, weiß Bäuerle nicht.

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Erstellt:
07.01.2021, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 16sec
zuletzt aktualisiert: 07.01.2021, 01:00 Uhr

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