Stuttgart

Rädelsführer

Die Staatsanwaltschaft wirft dem stellvertretenden Tübinger DGB-Vorsitzenden Tobias Kaphegyi das Abhalten einer nicht genehmigten Versammlung in Weilheim vor („Gewerkschafter muss vor Gericht“, 13. Dezember).

15.12.2018

Von Matthias Monecke, Stuttgart

1400 Euro für das Verteilen von Flyern. Nein, das ist kein Angebot. Das ist eine Drohung. Wer ab und an mal durch Tübingen läuft, der wird allenthalben angesprochen und bekommt dabei einen Flyer unter die Nase gehalten. Das ist so lästig wie alltäglich. Doch schert sich keine Behörde darum. Warum auch – grundsätzlich darf jeder hier seine Werbung machen, ob kommerziell oder für die eigene Sekte.

Der Spaß hört aber offensichtlich dann auf, wenn das Flyerverteilen politisch wird, beziehungsweise wenn Sinn und Zweck des Flyers nicht das Bewerben eines Produktes ist, sondern stattdessen die Offenlegung von prekären Bedingungen derjenigen, die die Produkte des täglichen Gebrauchs bereitstellen – die der Angestellten. Und da reicht dann offensichtlich auch nicht, dass man die Gewerkschafter mit privatem Sicherheitspersonal des Firmengeländes verweist. Nein, da muss dann auch noch die Polizei gerufen werden. Wegen einer ,unangemeldeten Versammlung‘ dreier Personen auf dem Bürgersteig, weil sie nicht schnell genug ins Auto gestiegen waren. Und von denen bedarf es dann auch noch der lupenreinen Feststellung, wer denn der Rädelsführer dieser Masse sei.

Wäre es für den Kollegen Kaphegyi nicht so bitter, man müsste diese Vorgänge als Posse bezeichnen und sich fragen, ob der Real-Marktleiter in Weilheim nicht eventuell in seiner Freizeit auch noch Oberbürgermeister von Tübingen ist.

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Erstellt:
15.12.2018, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 15.12.2018, 01:00 Uhr

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