Rechtsextremismus

Rassistische Futterspende

Beim Talheimer Tierheim ging am 5. Januar eine größere Spende einer Privatperson ein. Jetzt stellt sich heraus: Dahinter verbirgt sich eine landesweite Aktion der verfassungsfeindlichen Kleinstpartei „der III. Weg“.

13.01.2017

Von Benjamin Breitmaier

Das hatte Carola Greiner in ihren zehn Jahren als Leiterin des Talheimer Tierheims noch nicht mitgemacht. „Es ist erschreckend für uns. Ich war entsetzt“, erklärt sie im Gespräch mit der SÜDWEST PRESSE. Sie hätte nicht ahnen können, was sich hinter der unverhofften Spende verbirgt, die am 5. Januar im Talheimer Tierheim eintraf. Denn der Überbringer war nicht nur eine Privatperson, er war ein bekannter Neonazi.

Die vom Verfassungsschutz beobachtete Kleinstpartei „der III. Weg“ stellt sich derzeit landesweit mit ihrer Aktion „Tierfutter statt Böller“ als Wohltäter dar. An der Aktion selbst lässt sich wenig aussetzen. Tierheime zu unterstützen, ist nichts Schlechtes. Dennoch fühlt sich Carola Greiner hintergangen. Denn mit den politischen Idealen der Neonazi-Partei hat sie absolut gar nichts am Hut. Die Spende kommt für sie einer politischen Instrumentalisierung gleich, mit der sie keinesfalls einverstanden ist.

Er stellte sich als Privatperson vor. Der junge Mann, Anfang 30 mit Glatze. Nach einem Telefongespräch kam er am Nachmittag des 5. Januars nach Talheim. Im Gepäck hatte er 100 Euro Bargeld und große Tüten mit Hundefutter. Eine Pflegerin nahm die Spende dankbar an. Das Tierheim ist zu jeder Zeit des Jahres auf Unterstützung angewiesen.

Einen Tag später, am 6. Januar, tauchte eine Publikation auf der Facebook-Seite der Partei auf. Das verpixelte Bild des Mannes im „III. Weg“-T-Shirt und ein paar Tüten Hundefutter sind zu sehen. „Die Pfleger waren über die großzügige Spende sehr erfreut und bedankten sich ausdrücklich“, lautet ein Satz. Hätte Greiner gewusst, in wessen Namen die Spende getätigt wurde, wäre der Satz eine glatte Lüge. Greiner wörtlich: „Man fühlt sich irgendwo missbraucht für solche Zwecke. Hier so zu tun, als ob sie den Tieren‚ was Gutes tun wollen und dann Werbung machen. Für uns sah es wie eine Spende von Privat aus, wir haben auch die Spendenbescheinigung für privat ausgestellt.“

Die aktuelle Aktion „Tierfutter statt Böller“ findet in mehreren Bundesländern bereits im zweiten Jahr statt. Erst am 10. Januar titelte der nordrhein-westfälische Siegerland Kurier „Mit perfider Masche überrumpelt: Neonazi-Spende ans Siegener Tierheim“. Das Vorgehen war bis auf wenige Details mit der Spende an das Talheimer Tierheim vergleichbar.

In Baden-Württemberg wird die Aktion vom sogenannten „Stützpunkt Württemberg“ koordiniert, der in Bad Dürkheim ein Postfach hat. Bundesweit gibt es 16 solcher Organisationseinheiten des „III. Wegs“, in denen laut Verfassungsschutz etwa 300 Mitglieder organisiert sind.

Carola Greiner schaut auf die Tüten mit Hundefutter. Freuen kann sie sich nicht mehr über die vermeintliche Großzügigkeit. Aufmerksam wurde sie auf die Aktion durch einen Anruf von SPD-Stadträtin Viviana Weschenmoser, die sofort ihre Hilfe anbot. Mittlerweile hat Greiner einen Brief an die Neonazi-
Partei geschrieben, in dem sie die Löschung des Beitrags verlangt. Ein Auszug: „Wir fordern Sie auf, den Beitrag zu löschen, da er nicht den Tatsachen entspricht. Die Spende wurde uns von einer Privatperson übergeben und nicht von einer politischen Partei.“

Was mit der Spende passieren wird, darüber ist sich Greiner noch nicht im Klaren. Außerdem macht sie sich Sorgen, um ihre Einrichtung, aufgrund von möglichen Aktionen der Parteianhänger. „Ich habe Angst, dass die Tiere darunter leiden müssen“, erklärt die Heimleiterin.

Die Partei „der III. Weg“

Laut baden-württembergischem Verfassungsschutz ist der Kleinstpartei „ihr rechtsextremistischer bis neonazistischer Charakter eindeutig nachweisbar“. Die Behörde vermutet in Baden-Württemberg laut Verfassungsschutzbericht 2015 etwa 30 Mitglieder. In Horb und Umgebung war die Partei in jüngster Vergangenheit regelmäßig aktiv. Sei es durch Flugblätter in zahlreichen Briefkästen oder das Anbringen von Aufklebern im öffentlichen Raum. Die Partei richtet sich hauptsächlich gegen eine pluralistische tolerante Gesellschaft. Ihre ablehnende Meinung taten Mitglieder in der Region bereits auf öffentlichen Veranstaltungen in Dettingen und Freudenstadt-Wittlensweiler kund, bei denen die Unterbringung von Flüchtlingen thematisiert wurde. In Ergenzingen verteilten Anhänger der Partei mehrere Tausend Zettel, auf denen sie keinen Zweifel an ihrer rechtsextremen Gesinnung ließen.

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Erstellt:
13.01.2017, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 13.01.2017, 01:00 Uhr

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