Sulz · Hotels und Gastronomie

Realismus und Optimismus

Die weitreichenden Öffnungen von Tourismusbetrieben zu Pfingsten erlauben den Inhabern eine erste Standortbestimmung.

03.06.2020

Von Manuel Fuchs

Die aktuelle Corona-Verordnung des Landes Baden-Württemberg hatte zum 29. Mai die Wiederaufnahme des Hotel- und Pensionsbetriebs für touristische Zwecke gestattet. Zuvor durften die Häuser nur Geschäftsreisende beherbergen. Nach dem Pfingstwochenende mit anschließendem Feiertag und zum Ferienauftakt äußerten sich die Betreiber im Gespräch mit der SÜDWEST PRESSE weitgehend zufrieden.

Das Hotel-Restaurant Züfle in Glatt.

Das Hotel-Restaurant Züfle in Glatt.

Marie Bertram vom Hotel und Restaurant Züfle in Glatt begrüßte die jüngste Entwicklung: „Wir wussten natürlich nicht, was auf uns zukommt. Aber die Leute trauen sich wieder raus und möchten wieder etwas genießen.“ Ihre Gäste halten sich an die Vorgaben, erklärt sie, die auf dem großen Gelände gut umzusetzen seien. Natürlich mache sie sich Gedanken, wie es ganz grundsätzlich mit der Gastronomie und Hotellerie weitergehen soll. Es werde sicher nicht einfach; „die Welt ist komplex geworden“, sagt sie. Das zurückliegende Wochenende resümiert sie als „einen guten Anfang mit Luft nach oben“.

Kerngeschäft läuft gut

Nicht ganz so positiv gestimmt ist Wilfried Raid, Senior-Chef des Glatter Hotel Garni Zur Freystatt: Nur ein paar Fahrradtouristen haben dort über Pfingsten genächtigt. Deutlich zufriedener ist er mit dem Kerngeschäft des Hauses: „Bei uns funktioniert’s recht gut unter der Woche mit der Belegung durch Monteure und Geschäftsreisende.“ Zwar sei man noch weit von der normalen Auslastung entfernt, Raidt spricht von etwa der Hälfte, aber mit 40 bis 60 Übernachtungen in der Woche sei das Haus auf einem guten Weg: „Wir sind zufrieden, dass es wieder so anläuft.“

Für den Sulzer Gasthof Hecht übt sich Tamara Zabcic in Zweckoptimismus: Das Pfingstwochenende sei „ganz gut“ gewesen, „besser jedenfalls als die zwei Wochenenden davor“, sagt sie. „Wir haben das Gefühl, es läuft langsam wieder an.“ Ihre Gäste halten sich an die gesundheitlichen Vorgaben; eine große Hürde sieht Zabcic allerdings darin, dass Kontaktdaten der Gäste erfasst werden: „Einige rufen vorher bei uns an und wollen wissen, ob wir das auch machen. Manche kommen dann nicht“, erzählt sie. Diejenigen, die kommen, machen darüber kein Aufhebens – aber „es kostet halt Zeit“, meint Zabcic, „Zeit, die wir nicht haben“. Unter der Woche sei im Hecht enorm wenig Betrieb, das Mitnehm-Geschäfts laufe weiter. Vom Mittagstisch verkauft der Gasthof „im Moment vielleicht 20 Essen“; normal seien um die 100. Auch den Andrang in der Pension beschreibt Zabcic als „nicht so groß“. Aber man könne von einem Licht am Ende des Tunnels reden. Sie hofft, dass die Vorgaben ausreichen und sich alle daran halten. Denn wenn eine zweite Infektionswelle komme, „dann werden die Karten neu gemischt“.

Plädoyer für kleine Schritte

Der Gasthof Lamm in Sulz. Bilder: Karl-Heinz Kuball

Der Gasthof Lamm in Sulz. Bilder: Karl-Heinz Kuball

Bärbel Lambacher, die Inhaberin des „Lamm“ in Sulz, äußert sich betont realistisch: „So wie vorher ist es nicht mehr“, man müsse jetzt in kleinen Schritten denken und handeln. Wie schwer das manchen falle, versteht sie nicht. Der Betrieb über Pfingsten sei „fast normal“ gewesen, „bis auf die Mund-Nase-Masken“. Die seien vielleicht ein ungewohntes Bild, aber „sie bringen ja auch Sicherheit fürs Personal“. Nicht nachvollziehen kann sie, warum die kommunalen Ordnungsämter die Vorgaben des Landes so unterschiedlich umsetzen: „Ich hab gehört, in Horb muss das Servicepersonal draußen keine Masken tragen.“

Der überwiegende Teil ihrer Gäste setze die Vorgaben und Regelungen gut um, erzählt sie. Viele seien es jedoch nicht gewohnt, einen Platz zugewiesen zu bekommen: „Manche sagen dann: ‚Da möchte ich aber nicht sitzen‘ und gehen wieder. Dann ist das eben so, wir müssen uns dran halten.“ Trotz aller Hinweise und Schilder haben offenbar noch nicht alle die neue Lage verinnerlicht, wofür Lambacher drastische Worte findet: „Die latschen dann ohne Mundschutz rein. Da kommst du dir schon manchmal verarscht vor!“ Es müsse doch im Interesse aller liegen, dass sich die Infektion nicht wieder ausbreite. Andernfalls kämen die Einschränkungen auch schnell wieder zurück.