Gutenachtgeschichte

Regen passt zum Bücherlesen nicht

Die Börstinger genossen die Literatur dieses Jahr im Alten Rathaus

04.09.2017

Von Martin Zimmermann

Konny Lohmüller (rechts) liest vor, Michael Dietz (grünes Hemd) wartet auf seinen Einsatz. Bild: Zimmermann

Konny Lohmüller (rechts) liest vor, Michael Dietz (grünes Hemd) wartet auf seinen Einsatz. Bild: Zimmermann

Regenwetter verhinderte eine Open-Air-Lesung der Gutenachtsgeschichte in Börstingen, deshalb wurde der Lesesessel, dekoriert mit Sonnenblumen und einer Petroleumlaterne, ins Alte Rathaus verlegt. Mit rund drei Dutzend Besuchern war die Resonanz für eine Indoor-Lesung recht gut. Von der Großmutter bis zur Enkelin in Grundschulalter waren alle Altersgruppen vertreten. Seit 2008 gibt es die „Gutenachtgeschichte unterwegs“ als Kooperation des TAGBLATTs mit der Buchhandlung Osiander und örtlichen Vereinen, seit sieben Jahren organisiert Inka Frahm vom Förderverein Heimat und Kultur – besser bekannt als „Kulturtankstelle“ und Betreiber des preisgekrönten Heimatmuseums – die Lesung in Börstingen.

Moderatorin war erneut die Neckarlandschaftsführerin Monika Laufenberg. Den musikalischen Auftakt machte ein Septett des Musikvereins Börstingen mit dem „Jäger aus Kurpfalz“. Die gesammelten Spenden dienen der Jugendarbeit des Musikvereins. Später sangen die Gäste von Liedblättern gemeinsam das Börstinger Heimatlied: „Ein Dörflein liegt im Neckartal, da steht mein Vaterhaus/ Wie oft stieg ich den steilen Weg zur Wilhelmshöh‘ hinauf“. Kulinarisch ging es zünftig zu. Es gab „handgeschmierte Schmalzbrote“ und dazu Mostbowle, die dem Publikum vorzüglich mundete.

In den Geschichten ging es zunächst nach Skandinavien. Konny Lohmiller las aus dem 2012 erschienen und mittlerweile verfilmten Bestseller „Ein Mann namens Ove“ des damals 31-jährigen Schweden Fredrik Beckman. Der war in seiner Heimat zunächst als Blogger bekannt. Es geht im Buch um einen pedantischen Frührentner, der sich über die Freiberufler im Wohngebiet aufregt und mehrmals erfolglos versucht, sich umzubringen, um wieder mit seiner verstorbenen Ehefrau vereint zu sein. Im Lauf der Zeit entdeckt er seine soziale Seite und freundet sich mit einigen seiner anfangs verfeindeten Nachbarn an. Konny Lohmiller erzählte, dass sie dem Bestseller, als er ihr empfohlen wurde, erst skeptisch gegenüberstand, dann aber von seiner Sprache gepackt wurde.

Nach ihr las Michael Dietz, ein ehemaliger Börstinger, der jetzt in Sulz-Fischingen lebt und sich seit langem im Heimatverein „Kulturtankstelle“ engagiert. Er ließ historische Räubergeschichten aus der Frühzeit der Kriminalistik 18. Jahrhundert aufleben und las aus den Büchern „Schäffer Räuberfänger“ von Uli Rothfuss, erschienen im Tübinger Silberburg-Verlag, und „Ausgeraubt und Abgemurkst“ von Susanne Mück, aus dem Rottenburger Verlag Haus am Nepomuk.

Es ging um den Sulzer Oberamtmann Jacob Georg Schäffer (1745-1825), der zum ersten Kriminalisten Württembergs wurde und berüchtigte Räuber wie den „Konstanzer Hans“ und den als „Hannikel“ bekannten Jakob Reinhard fing. Schäffer war aber nicht nur Kriminalist, sondern er setzte sich auch mit der sozialen Frage als Ursache der Kriminalität auseinander und kümmerte sich um die Resozialisierung von Straftätern sowie die Erziehung von deren Kindern. Er sorgte beispielsweise dafür, dass der Konstanzer Hans begnadigt wurde und stellte ihn als Hilfspolizisten an, wie Michael Dietz vorlas.