Trump und der Protektionismus

Regionale Firmen fürchten den US-Zoll-Stock

Wenn heute der neue US-Präsident Donald Trump in sein Amt eingeführt wird, könnte das bald auch Auswirkungen auf hiesige Unternehmen haben. Für viele Firmen in der Region ist das US-Geschäft wichtig.

20.01.2017

Von Volker Rekittke

Ein Gutteil der in Derendingen produzierten Horn-Werkzeuge geht in die USA.Bild: Horn

Ein Gutteil der in Derendingen produzierten Horn-Werkzeuge geht in die USA.Bild: Horn

Die jüngsten protektionistischen Äußerungen von Donald Trump, der heute in das Amt des US-Präsidenten eingeführt wird, beunruhigen auch in der Region Firmenchefs und IHK. Trump hatte deutschen Autoherstellern mit Strafzöllen von bis zu 35 Prozent gedroht, wenn sie Produktionsanlagen in Mexiko errichten und ihre Autos von dort in die USA exportieren wollen. Eine TAGBLATT-Umfrage zeigt nun, wie viel Umsatz regionale Firmen in den USA machen.

Spitzenreiter bei den befragten Betrieben ist Erbe Elektromedizin. Das Tübinger Unternehmen, das seit über 25 Jahren eine US-Tochterfirma in Atlanta hat, erwirtschaftet ein Drittel des Umsatzes in den Vereinigten Staaten. „Die USA rangieren auf unserem Länderranking auf Platz 1“, sagt Geschäftsführer Christian Erbe.

Bei der Paul Horn GmbH liegt der Anteil des US-Geschäfts am Gesamtumsatz bei etwa 15 Prozent. Damit ist der US-Markt für Horn der wichtigste nach Deutschland. Da vor Ort produziert wird, würden etwa höhere US-Zölle die Horn-Gruppe vermutlich weniger stark treffen als Unternehmen mit bloßem US-Vertrieb, so Firmensprecher Christian Thiele: „Dennoch beobachten wir die Entwicklung in Übersee vorsichtig.“

Auch bei der Walter AG liegen die USA unter den Top-3-Märkten – mit einem Umsatzanteil von rund 14 Prozent. Walter produziert einen Großteil der Produkte, die in den USA über die Vertriebsniederlassung in Waukesha (Wisconsin) verkauft werden, in Europa. „Handelsbeschränkungen und höhere Zölle würden unser US-Geschäft negativ beeinflussen“, sagt Vorstandsvorsitzender Mirko Merlo. Man arbeite aber ständig „an der Erschließung neuer Absatzmärkte“.

Sich „international noch breiter aufzustellen“ ist auch das Ziel bei Erbe. In Gründung befinden sich die Tochterfirmen Nummer 14 und 15 in Brasilien und Südkorea. Christian Erbe: „Protektionismus könnte natürlich negative Einflüsse auf unser US-amerikanisches Tochterunternehmen haben.“ Allerdings habe schon die Obama-Regierung der medizintechnischen Industrie die „Excise Tax“ (2,3 Prozent des Umsatzes) auferlegt – zur Finanzierung von „Obamacare“. Die neue Regierung habe bereits angekündigt, dieses Gesetz zu kippen und somit auch die Steuer abzuschaffen.

Lediglich 1 Prozent des Gesamtumsatzes erwirtschaftet das Tübinger Chemieunternehmen CHT in den USA, eine eigene Niederlassung gibt es dort nicht. „Viel gravierender wären Schutzzölle auf in die USA exportierte Textilien“, so CHT-Chef Frank Naumann: „Das würde unsere weltweiten Kunden etwa in Mexiko, China, Pakistan, Indien und Peru unter Umständen empfindlich treffen“ – und damit indirekt auch das CHT-Geschäft mit Textilchemikalien.

Derweil beobachtet Christian Erbe, der zugleich IHK-Präsident ist, dass nicht nur in den USA sondern weltweit protektionistische Tendenzen zunehmen. Sollten sich die Möglichkeiten der regionalen Firmen verschlechtern, die im Geschäft mit den USA aktiv sind, „hätte dies auch Auswirkungen auf die Region“. Die IHK werde sich auch unter dem neuen US-Präsidenten für Freihandel und offene Grenzen einsetzen, so Erbe: „Die USA sind unser wichtigster Handelspartner außerhalb Europas. Wir haben ein großes Interesse an stabilen Beziehungen.“

Die US-Vertriebsniederlassung der Tübinger Walter AG in Waukesha (Wisconsin). Bild: Walter

Die US-Vertriebsniederlassung der Tübinger Walter AG in Waukesha (Wisconsin). Bild: Walter

Viele Firmen aus der Region sind stark im US-Geschäft

Über 400 Firmen in der Region verkaufen Produkte oder Dienstleistungen in oder kaufen in den USA. Sie verfügen über eigene Produktionsstätten (18), betreiben Niederlassungen (53), haben Auslandsvertreter (75), liefern regelmäßig in die USA (242) oder beziehen von dort (88).

Die Ausfuhren baden-württembergischer Firmen in die Staaten betrugen in den ersten neun Monaten von 2016 rund 17 Milliarden Euro. Das sind laut Daten des Statistischen Landesamts knapp 12 Prozent aller Exporte aus Baden-Württemberg.

Nach IHK-Untersuchungen gibt es insgesamt 37 Beteiligungen von US-Firmen in der Region Neckar-Alb.

Die IHK hat für eine erste unmittelbare Einschätzung den Chef der Auslandshandelskammer in New York eingeladen. Er kommt am 7. Februar zu einem Hintergrundgespräch mit Exportunternehmen nach Reutlingen. Zudem bietet die IHK für den 22. Februar einen speziellen Beratungssprechtag USA an.

Das Handelsvolumen zwischen den USA und Deutschland betrug 2015 laut Statistischem Bundesamt 173 Milliarden Euro. Davon waren rund 110 Milliarden Euro Exporte in die USA und 60 Milliarden Euro Importe aus den USA nach Deutschland.

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Erstellt:
20.01.2017, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 20.01.2017, 01:00 Uhr

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