Ein Lehrstück: Wie man aus einem grottenschlechten Drehbuch einen unterhaltsamen Krimi macht.

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Ein Lehrstück: Wie man aus einem grottenschlechten Drehbuch einen unterhaltsamen Krimi macht.

24.11.2015

Von che

Augen zu und durch mag sich Regisseur John Frankenheimer gedacht haben, als ihm dieses Drehbuch zur geflissentlichen Verfilmung angeboten wurde. Die Geschichte vom entlassenen Sträfling, der von ultrabrutalen Ganoven zu einem Raubüberfall erpresst wird, ist eine selbst für Hollywood-Verhältnisse rare Missgeburt an hanebüchen konstruierter Handlung und dümmlichen Dialogen.

Vielleicht hat gerade das den Ehrgeiz des seit 50 Jahren im Filmbusiness aktiven Altmeisters angestachelt. Weil alles Feilen an der Figuren-Psychologie vergeblich wäre, zieht er ihnen kurzerhand Charaktermasken über die Visage, die schon von Ferne an die Stammbelegschaft düsterer B-Movies der vierziger und fünfziger Jahre erinnern.

Gary Sinise macht mit Bravour den zwischen Jähzorn und sardonischem Grinsen changierenden Gangsterboss; Jungstar Charlize Theron glänzt als hypererotisches Liebesluder mit unklaren Absichten; Ben Affleck kopiert gefällig die fatalistische Gelassenheit des gehetzten Burt Lancaster aus dem Klassiker "The Killers".

Noch besser übertüncht der Regisseur die Ungereimtheiten mit präziser Arbeit am Atmosphärischen. Wie die Trostlosigkeit einer schmutzig winterlichen Provinzkulisse viel treffender als endloses Gequassel die Seelenverfasstheit der Helden akzentuiert - das hat man in vergleichbarer Qualität zuletzt nur von den Brüdern Coen in "Fargo" gesehen.

Und über den Rest der Handlungslöcher prescht Frankenheimer mit so rasantem Tempo, dass sie nur noch als sanftes Geruckel wahrgenommen werden. Was würde dieser Mann für Filme machen, wenn ihm mal ein ordentliches Drehbuch gegeben würde?