Rottenburger Haushalt

Rekordsumme an Investitionen

Der Haushaltsplan 2017 ist eingebracht – der erste nach der neuen „doppelten Buchführung“. Gestern Abend erklärte Stadtkämmerer Berthold Meßmer dem Gemeinderat die Grundzüge.

08.11.2016

Von Ulrich Eisele

Rottenburgs Kernstadt: Hier werden im nächsten Jahr die größten Bauprojekte angepackt – die neue Stadtbibliothek (rechts oben vor dem Ordinariat der Diözese), ein Anbau ans Rathaus und der Umbau des Bahnhofs durch einen privaten Investor (links unten). Luftbild: Grohe

Rottenburgs Kernstadt: Hier werden im nächsten Jahr die größten Bauprojekte angepackt – die neue Stadtbibliothek (rechts oben vor dem Ordinariat der Diözese), ein Anbau ans Rathaus und der Umbau des Bahnhofs durch einen privaten Investor (links unten). Luftbild: Grohe

Gestern Abend bekam der Gemeinderat den neuen Haushaltsplan auf den Tisch. Er ist 692 Seiten dick und der erste, der nach der künftig vorgeschriebenen Methode der städtischen Haushaltsführung, der so genannten „Doppik“ aufgestellt wurde (siehe unten). „Das Geld wird dadurch natürlich nicht mehr“, sagte Oberbürgermeister Stephan Neher, der den Plan vorab der Presse vorstellte. „Aber man kann jetzt sehen, ob Werte geschaffen werden, oder ob das städtische Vermögen abnimmt.“ Außerdem erleichtere das neue Verfahren den Vergleich der Städte untereinander. Dem neuen Haushaltsplan hat Neher immerhin dies entnommen: „Unsere Steuerkraftsumme ist immer noch unterdurchschnittlich, aber investitionsmäßig spielen wir in der Spitzenliga mit.

Mit einem Gesamtvolumen von 115 Millionen Euro hat der Haushaltsplan fürs nächste Jahr (Ergebnishaushalt und Investitionen) in etwa denselben Umfang wie der fürs Jahr 2016 ausgestellte Verwaltungs- und Vermögenshaushalt zusammen. Mit rund 32,6 Millionen Euro ist die Summe der geplanten Investitionen zwar deutlich höher als die des laufenden Jahres (26,3 Millionen Euro). Sie enthält aber 11 Millionen Euro aus Vorjahren, die noch nicht ausgegeben wurden. Früher tauchten diese nicht mehr im Haushalt auf, sondern wurden automatisch ins nächste Jahr übertragen. „Erfreulicherweise werden auch 2017, im zwölften Jahr, keine neuen Schulden gemacht“, sagte Neher.

Mehr für Personal und Straßen

Steigen werden die Personalausgaben: Zusätzliche Stellen gibt es für die neue Kinderkrippe in Ergenzingen, die neue Stadtbibliothek sowie in der Flüchtlingsbetreuung. Jeweils eine Million Euro mehr als im Vorjahr will die Verwaltung zudem für den Erhalt von Straßen und Gebäuden ausgeben.

Für Stephan Neher das wichtigstes Projekt im nächsten Jahr ist die Gründung einer städtischen Wohnungsbaugesellschaft. „Damit machen wir städtischen Wohnungsbau zum kommunalen Thema“, so der Oberbürgermeister. Aus städtischem Besitz sollen 60 Gebäude an die neue Wohnungsbaugesellschaft übertragen werden. Dazu soll sie eine Eigenkapitalausstattung von 600000 Euro sowie in den nächsten drei Jahren rund 3,2 Millionen Euro erhalten, um im Dätzweg 60 neue Wohnungen zu bauen.

Einen zweiten Schwerpunkt bildet der Schulhaus-Aus- und -neubau: Für den Bau einer Grundschule auf dem Hohenberg-Gelände sind rund 7 Millionen Euro veranschlagt. Für die Gemeinschaftsschule im Gäu Ergenzingen stehen weitere 1,15 Millionen Euro im nächsten Haushaltsplan, insgesamt 6 Millionen Euro fließen und flossen dort in den Schul-Ausbau.

Mit 2,5 Millionen Euro ist der Neubau einer Grundschule in Hailfingen kalkuliert und mit 1,5 Millionen eine Schulmensa auf dem Hohenberg-Schulgelände. Insgesamt will die Stadt rund 19 Millionen Euro für Schulmodernisierung und -neubauten in den Jahren 2017 bis 2020 ausgeben.

Nachdem Dettingen und Wendelsheim dieses Jahr jeweils eine neue Mehrzweckhalle bekommen haben, soll 2017 mit dem vierten Abschnitt des Hallenkonzeptes begonnen werden: In Bad Niedernau wird der Sanatoriums- zum Versammlungssaal ertüchtigt, in Obernau und Hemmendorf werden die Mehrzweckhallen grundsätzlich saniert.

Die größten Bauvorhaben im nächsten Jahr sind aber die neue Stadtbibliothek, die am 1. Juli eingeweiht werden soll, und ein Anbau ans Rathaus in der Oberen Gasse, in den auch das Familienberatungszentrum des Landratsamtes mit einziehen wird. Die dafür notwendigen Kosten belaufen sich auf rund 3,8 Millionen Euro – plus weiteren 1,2 Millionen, um eine barrierefreie Anbindung ans historische Rathaus herzustellen. Darüber wird noch in den Haushaltsberatungen vom Gemeinderat entscheiden.

Millionen für den Grunderwerb

Eine ziemlich hohe Summe, nämlich 8,6 Millionen Euro, sind diesmal für den Grunderwerb eingeplant. Notwendig, meint Neher, um dem Anspruch des Gemeinderats gerecht zu werden, Baugebiete künftig nur dort auszuweisen, wo alle Grundstücke in städtischer Hand sind. „Deshalb brauchen wir für den Grunderwerb und Rückkauf unbebauter Grundstücke eine sehr hohe Summe.“

Ein weiterer Investitionsschwerpunkt ist der Ausbau der Breitbandverkabelung für Schulzentren und Gewerbegebiete, weil dies vom Land mit 90 Prozent gefördert wird und dazu beiträgt, so Neher, „die Lebensverhältnisse von Stadt und Land anzugleichen“. Insgesamt sind dafür rund 2 Millionen Euro veranschlagt.

Kameralistische Haushaltsführung und neue „Doppik“

2009 entschied die damalige CDU-FDP-Mehrheit im Landtag, dass die Kommunen in Baden-Württemberg ihr Rechnungswesen bis 1. Januar 2016 auf doppelte Buchführung umstellen müssen, damit auch die Abschreibung von Gebäuden und Anlagen in der Jahresrechnung auftaucht und zukünftige Ersatzinvestitionen geplant werden. Grün-Rot verlängerte die Frist bis 2020.

Nach dem alten, kameralistischen System werden alle Einnahmen und Ausgaben der Stadt für den laufenden Betrieb im Verwaltungshaushalt aufgelistet, Zuführungen, Vermögensentnahmen, Erlöse und Investitionen aber im Vermögenshaushalt.

Künftig werden alle Einnahmen und Ausgaben – auch die für Investitionen – in einer Art kaufmännischer Einnahmen-Ausgaben-Rechnung festgehalten – dem Ergebnishaushalt.

Parallel dazu führt die Kämmerei einen Finanzhaushalt, in dem alle Zu- und Abgänge im städtischen Vermögen aufgelistet werden. Auch bisher Vorhandenes wie Gebäude, Grundstücke, Anlagen wurde taxiert, eingebucht und wird künftig abgeschrieben.

Zusammengeführt werden beide Buchhaltungen in der Vermögensrechnung: Auf der einen Seite stehen Aktiva wie Sach- und Finanzvermögen, auf der anderen Passiva wie Basiskapital, Rücklagen und das Ergebnis des Ergebnishaushalts. So entsteht eine Übersicht, ob das städtische Vermögen ab- oder zunimmt.

Zum Artikel

Erstellt:
08.11.2016, 22:36 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 30sec
zuletzt aktualisiert: 08.11.2016, 22:36 Uhr

Artikel empfehlen

Artikel Aktionen

Newsletter los geht's
Nachtleben, Studium und Ausbildung, Mental Health: Was für dich dabei? Willst du über News und Interessantes für junge Menschen aus der Region auf dem Laufenden bleiben? Dann bestelle unseren Newsletter los geht's!