Ehrenamt

Ritterverein löst sich auf

Gefährdet sind die Spiele nicht – aber ihre Seele. In einer außerordentlichen Mitgliederversammlung wurde das Ende der Ehrenamts-Ritter besiegelt. Die Chancen für eine Rückkehr auf den Marktplatz stehen auch für 2017 schlecht.

11.01.2017

Von Benjamin Breitmaier

Ritter auf dem Marktplatz: Auf dieses Bild müssen die Horber wohl noch ein weiteres Jahr verzichten. Archivbild: Kuball

Ritter auf dem Marktplatz: Auf dieses Bild müssen die Horber wohl noch ein weiteres Jahr verzichten. Archivbild: Kuball

Die Spiele wird es weiterhin geben, daran ließen MPS-Geschäftsführer Jürgen Wünsche und Oberbürgermeister Peter Rosenberger am gestrigen Dienstag keinen Zweifel. Doch keiner weiß, wie sie in Zukunft aussehen werden. Die Seele der einzigartigen Veranstaltung der Maximilian Ritterspiele, Ehrenamtliche, die seit 20 Jahren der Neckarstadt den Atem des Mittelalters einhauchen, sie sind müde geworden. Eine außerordentliche Mitgliederversammlung am vergangenen Donnerstag besiegelte das Schicksal des Horber Rittervereins.

Es waren immer die Gleichen, die zu Arbeitseinsätzen erschienen, immer die gleichen, die Verantwortung trugen, neben dem Job, neben Familie und anderen Ehrenämtern. 500 bis 600 Stunden im Jahr, hinzu kommt eine nervenaufreibende Veranstaltungswoche. Dabei blieb manches Detail auf der Strecke. Junges Blut, das mit anpacken würde, gab es nicht mehr. Die Gründungsmitglieder sind wie der Verein um 20 Jahre gealtert, viele sind Rentner, weit über der 60-Jahr-Marke. Die Grenze des Machbaren wurde überschritten, das wurde den 41 aktiven Vereinsmitgliedern langsam klar, als das Thema Vereinsauflösung Anfang Dezember zum ersten Mal in einer Versammlung besprochen wurde. 24 von 32 anwesenden Mitgliedern stimmten am vergangenen Donnerstag für die Vereinsauflösung. Acht Mitglieder stimmten dagegen.

Unter ihnen war auch Vorstand Benjamin Breisinger, der mit seinen Kollegen Marius Friedrichson und Bernd Blaszies ebenfalls dem Gespräch im Horber Rathaus am gestrigen Dienstag beiwohnte. „Wir konnten unsere Aufgaben nicht mehr voll wahrnehmen“, erklärte er im Gespräch. Seit 2012 hatte er eine Leitungsfunktion im Verein übernommen. Jetzt verkündete er die traurige Botschaft über die Auflösung.

Die große Frage, die im Raum 2016 des Rathauses stand: Kann es Ritterspiele ohne den Verein geben, der sie aus der Taufe gehoben hat? Ja, hieß es von Seiten der Stadtverwaltung und der Veranstaltungsagentur MPS. Doch einfach wird das kommende Jahr nicht. Für diese Feststellung reicht ein Blick in den Aufgabenkatalog, den die Ehrenamtlichen jedes Jahr abarbeiteten: das Schauspiel des Horber Vertrags liegt in ihrer Verantwortung, die Ritterlager. Sie kümmerten sich um Requisiten, um das Turnier mit der Horber Geschichte, organisierten das Kinderprogramm, organisierten die beliebten Rittermahle. Die Liste scheint endlos.

Ziel Marktplatz bleibt

Für MPS-Chef Wünsche bedeutet die Liste ein Berg an Herausforderungen, die er ohne ehrenamtliche Unterstützung bewältigen muss. Dabei war das Konzept für die Ritterspiele 2017 bereits weit fortgeschritten – inklusive der Bespielung des heiß diskutierten Horber Marktplatzes. Der steht nun wieder auf der Kippe. Wünsche wörtlich: „Das hat uns hart getroffen. Die Leistungen des Vereins lassen sich nicht kompensieren.“ Doch er äußert auch Verständnis für die Ehrenamtlichen: „Wenn man das so lange gemacht hat, kann ich verstehen, dass man platt ist.“

Eigentlich wäre der Vertrag zwischen Verein und Veranstaltungsagentur noch bis 2018 gelaufen, jetzt müssen die Spiele komplett neu gedacht werden. Wünsche erklärt aber auch, dass es durchaus möglich wäre, ohne größeren Aufwand ähnliche Spiele wie in den vergangenen beiden Jahren – also ohne den Marktplatz – zu veranstalten. „Das ist aber nicht unser Anspruch“, so Wünsche. Außerdem würde es schwer werden, das mittelalterliche Flair, ohne den Verein am Leben zu erhalten. Im Konsens mit OB Rosenberger betonte er jedoch, dass das Ziel – den Horber Marktplatz in die Planung mit einzubeziehen – weiterhin unangetastet bleibt.

„Danke“, sagte Oberbürgermeister Rosenberger in Richtung der anwesenden Ritter. Auch für den OB war die Auflösung des Vereins ein Schlag. „Die Stadt Horb war immer ein großer Profiteur der Spiele“, stellte der OB klar. In der „völlig neuen Situation“ liege es nun an ihr und der Agentur MPS, ein neues Konzept auszuarbeiten, Budgetfragen zu klären, welcher Verhandlungspartner, welche Leistungen erbringt. „Diese Herausforderung müssen wir jetzt stemmen.“ Sein Wunsch wäre es, erfolgreiche Teilprojekte, wie die Rittermahle, bei denen seit Jahren namhafte Gäste nach Horb strömen, beizubehalten. Allein hierfür, wurden von der Stadtverwaltung bisher schon 5800 Euro an Leistungen verrechnet. Hinzu kamen kommunale Mittel von etwa 10 000 Euro.

Nach der drohenden Insolvenz im Jahr 2009 bedeutet die Auflösung des Rittervereins einen weiteren großen Umbruch, bei der Organisation der Spiele. Damals sprang MPS als Veranstalter ein, da der Verein die Veranstaltung finanziell nicht länger tragen konnte. Jetzt wird sich der Gemeinderat erneut mit dem Thema beschäftigen.

Einige Mitglieder des Vereins lässt das Mittelalter aber auch weiterhin nicht los. Wünsche deutete schon gestern an, dass er sicherlich mit verschiedenen Vereinsmitgliedern weiterhin zusammenarbeiten will. Vorstand Breisinger stellte außerdem in den Raum, dass sich der Verein eventuell als Brauchtumsverein neu strukturieren könnte. Fest steht allerdings, dass die Maximilian-Ritterspiele Horb, ohne die Arbeit des
Vereins, einen Teil ihrer Seele verlieren.

Überrascht waren MPS-Geschäftsführer Jürgen Wünsche (von links) und Oberbürgermeister Peter Rosenberger über die Auflösung des Horber Rittervereins. Doch die Vorstände Benjamin Breisinger, Marius Friedrichson und Bernd Blaszies machten deutlich, dass die Mitglieder des Vereins den Umfang an Aufgaben nicht mehr stemmen konnten.Bild: Breitmaier

Überrascht waren MPS-Geschäftsführer Jürgen Wünsche (von links) und Oberbürgermeister Peter Rosenberger über die Auflösung des Horber Rittervereins. Doch die Vorstände Benjamin Breisinger, Marius Friedrichson und Bernd Blaszies machten deutlich, dass die Mitglieder des Vereins den Umfang an Aufgaben nicht mehr stemmen konnten.Bild: Breitmaier