Eine Kriminalpsychologin auf den Spuren des "Kannibalen von Rotenburg".

Rohtenburg

Eine Kriminalpsychologin auf den Spuren des "Kannibalen von Rotenburg".

24.11.2015

Von che

Rohtenburg

Warte, warte nur ein Weilchen / dann kommt der Haarmann auch zu dir / mit dem kleinen Hackebeilchen / macht er Schabefleisch aus dir . So ging das Lied in den zwanziger Jahren ? zu zweifelhaften Ehren von Fritz Haarmann, der mindestens 24 junge Männer umgebracht hat und nach nie bestätigten Gerüchten zu Wurst verarbeitet haben soll. So schlimm oder bizarr kann kein Verbrechen sein, dass es nicht dem Volkskörper wohlige Schauder über den Rücken jagt.

So wurde auch der als „Kannibale von Rotenburg? durch die Boulevards geschleifte Armin Meiwes alsbald zum Thema eines populären Liedes der Metal-Kapelle Rammstein samt Gruselvideo. Und unvermeidlich steht nun der Film zum Menschenfresser auf der Agenda zum medialen Ausschlachten des an die Grenzen des Vorstellungsvermögens stoßenden Kriminalfalls.

„Rohtenburg? heißt das sichtlich mit heißer Nadel gestrickte B-Movie, das nach langem Rechtsstreit um Persönlichkeitsrechte jetzt in den deutschen Kinos Angst und Ekel verbreiten will. Obwohl laut Vorspann lediglich „inspiriert von einer wahren Begebenheit?, folgt der finstere Film recht detailgetreu dem wirklichen Fall, so weit er in der Öffentlichkeit bekannt ist. Meiwes (im Film: Thomas Kretschmann aus „King Kong?) hatte sein späteres Opfer, den Diplomingenieur Bernd Jürgen Brandes, in einem einschlägigen Internet-Forum kennen gelernt. Im März 2001 trafen sich die beiden in seinem Gutshaus im hessischen Rotenburg.

In einem „Schlachtraum? im Keller amputierte Meiwes ? mit Brandes' Einverständnis ? dessen Penis und ließ den Schwerverletzten langsam verbluten. Danach zerlegte er die Leiche und fror sie zum späteren Verzehr ein. Die ganze Zeremonie wurde inklusive Brandes? Todeswunsch akribisch auf Video dokumentiert. Und all dies zeigt auch der Film des an Werbespots und Musikclips geschulten Regisseurs Martin Weisz mit nur kleinen Abweichungen.

Fiktiv ist allerdings die Figur einer amerikanischen Kriminalpsychologin, die im Nachhinein die Umstände und Ursachen dieser Tat ergründen möchte. Bei ihren Recherchen taucht sie tief in die traumatischen Kindheitserlebnisse von Täter und Opfer ein, nebenbei wandelt sich ihr anfangs kühles Interesse an dem Verbrechen zur Obsession inklusive Blick in den eigenen Seelen-Abgrund. Der tapfere Versuch, sich in verquere Seelenlagen und Bedürfnisse einzufühlen, wird allerdings zunehmend von Sensations-heischenden Bildern überlagert, und die von Keri Russell gespielte Psychologin kommt nie über einen blassen Abklatsch von Jodie Fosters FBI-Agentin im „Schweigen der Lämmer? hinaus.