Raffinierter Propagandafilm für den Lebensstil der Reichen und Sorglosen.

Rot und blau

Raffinierter Propagandafilm für den Lebensstil der Reichen und Sorglosen.

24.11.2015

Von che

Rot und blau

Werden Frauen grundsätzlich, wie in den meisten Filmen beim Frauenfilmfest, diskriminiert, ausgebeutet, unterdrückt? Keineswegs: Barbara Bärenklau (Hannelore Elsner) wird vom Leben verwöhnt. Sie ist eine erfolgreiche Architektin, hat eine Villa mit Dachterrasse in bester Berliner Wohnlage, eine Datscha im Grünen, einen netten Mann und zwei furchtbar wohlerzogene Kinder. Allerdings gibt es einen wunden Punkt in ihrer Vergangenheit. Einst gebar sie ein Mädchen, das dann mit dem türkischen Vater von dannen zog. 20 Jahre später kehrt diese Ilke (Serpil Turhan) in Barbaras Leben zurück. Auch sie entspricht überhaupt nicht dem Klischee des armen Immigrantenkinds. Vielmehr hat sie einen Koffer mit vielen Millionen Euro bei sich, die ihr der gerade verstorbene Vater, ein gewiefter Teppichhändler, hinterlassen hat.

Wer nun einen kritischen oder analytischen Blick auf das Milieu der Besserverdienenden erwartet, ist bei Regisseur Rudolf Thome an der völlig falschen Adresse. Das Urgestein des deutschen Kinos (1968 drehte er den Kultfilm „Rote Sonne? mit Uschi Obermaier) war seit jeher weniger am Sozialen als am Zwischenmenschlichen interessiert, weswegen er manchmal zurecht mit Eric Rohmer verglichen wird. Wie kaum ein zweiter versteht es der inzwischen 64-Jährige, aus kleinsten Alltagskonflikten spannende Kino-Geschichten zu zaubern, deren emotionale Dichte und ihr locker groovender Fluß einem ganz warm ums Herz werden lassen.

Allerdings schlägt die Sympathie, mit der Thome jede einzelne seiner Figuren zeichnet, diesmal in schiere Propaganda um. Weit jenseits der Erträglichkeitsgrenze wird hier die Rotwein-schlürfende und Gartenkräuter-pflanzende Toskana-Fraktion verherrlicht und ihre Konfliktlösung unter komfortabelsten Bedingungen als modellhaft gepriesen. Oder steckt etwa doch eine heimliche klassenkämpferische Absicht dahinter, wenn Thome diese Wohlhabenden-Bagage reinsten Herzens die Erbschaftssteuer für Ilkes Millionen hinterziehen lässt, mit der zum Beispiel Schutzhäuser für jene geschundenen Frauen finanziert werden? Aber von deren Schicksalen ist dann ja in anderen Filmen dieses Frauenfilmfests die Rede.