Bauchtanzen allein reicht nicht, um aus engen Lebensverhältnissen auszubrechen.

Roter Satin

Bauchtanzen allein reicht nicht, um aus engen Lebensverhältnissen auszubrechen.

23.11.2015

Von Dorothee Hermann

Eine Frau blickt im Gegenlicht aus einem hohen Fenster. Erst als sie sich umwendet, kann man ihr Gesicht erkennen. Lilias Leben spielt sich drinnen ab, zwischen Putztuch und Fernsehsoaps, in einem Haus in Tunis. Wie eine Glucke kontrolliert sie ihre fast erwachsene Tochter Salma; verdient als Schneiderin für die Nachbarn ein bisschen dazu. Bis sie im Nachtclub „Cabaret? halb fasziniert, halb peinlich berührt den Bauchtänzerinnen zuschaut. In der Garderobe probiert sie eines der prächtigsten Gewänder in Gold-Orange an und tanzt vor dem Spiegel, für sich.

Startänzerin Folla nimmt Lilia unter ihre Fittiche; die zwar schöne, aber ein bisschen verhärmte Witwe beginnt, ihre heimlichen Ausflüge ins Nachtleben zu genießen. Eine Befreiung, die mit den bewundernden Blicken der männlichen Gäste wenig im Sinn hat. Aber die Geschlechterrollen im Club sind so starr wie im Leben draußen. Die Affäre mit dem Schlagzeuger beendet dieser bald. Wie jeder außer Lilia schon weiß, ist er ohnehin der Liebhaber ihrer Tochter.

Im Schlusstableau vereint die junge tunesische Regisseurin Raja Amari alle Protagonisten bei einer kitschigen Hochzeitsfeier. Das Fenster nach draußen hat sich nicht wirklich für Lilia geöffnet. Doch die Bilder von Kamerafrau Diane Baratier können einen das in dieser tunesisch-französischen Co-Produktion manchmal fast vergessen lassen.