Kreis Rottweil · Pandemie-Bekämpfung

Rottweil appelliert, nicht an „Spaziergängen“ teilzunehmen

Die Kreisstadt sieht von einem Verbot ab und setzt mit einem Banner am Alten Rathaus ein sichtbares Zeichen.

14.01.2022

Von NC

Ein stilisiertes Schwarzes Tor mit Impfpflaster ist Rottweils Zeichen gegen “Spaziergänge“ von Corona- Maßnahmengegnern. Privatbild

Ein stilisiertes Schwarzes Tor mit Impfpflaster ist Rottweils Zeichen gegen “Spaziergänge“ von Corona- Maßnahmengegnern. Privatbild

Statt eines Verbots der Corona-Spaziergänge fordert die Stadt Rottweil die Bürger auf, nicht an solchen Versammlungen teilzunehmen. Der Appell wird am Wochenende auch im Internet auf der eigens eingerichteten Website www.corona-ist-kein-spaziergang.de veröffentlicht. Am Rathaus setzt die Stadt zudem mit einem Banner ein Zeichen für die Corona-Schutzimpfung.

Wie in vielen Städten und Gemeinden, waren auch in Rottweil Menschen dem Aufruf in sozialen Medien gefolgt, ihrem Unmut über die Corona-Maßnahmen durch vermeintliche „Spaziergänge“ Ausdruck zu verleihen. Dabei handelt es sich jedoch um Versammlungen nach dem Versammlungsgesetz, die im Vorfeld bei den Behörden angemeldet werden müssen. Sofern dies nicht erfolgt, stellen die „Spaziergänge“ rechtlich betrachtet einen Verstoß gegen das Versammlungsgesetz dar und können aufgelöst werden.

Die Stadt hat die Zusammenkünfte zusammen mit der Polizei von Anfang an kritisch beobachtet und sich weitere Maßnahmen vorbehalten. Da die „Spaziergänge“ bislang friedlich verlaufen sind, waren ein Eingreifen oder eine Auflösung nicht geboten. Die Entwicklung der Teilnehmerzahl bereitet der Stadt jedoch zunehmend Sorge, zumal die „Spaziergänger“ die Masken- und Abstandsregeln nicht einhalten.

„Es wäre bereits viel erreicht, wenn die ‚Spaziergänge‘ durch die Organisatoren angemeldet würden“, schrieb die Stadt am Freitag in einer Pressemitteilung. Auch wenn das Versammlungsrecht verfassungsrechtlich einen hohen Stellenwert innehat, ist dieses Recht nicht schrankenlos. Dazu gehört die Anmeldung einer Versammlung spätestens 48 Stunden vor Versammlungsbeginn. Mit der Untersagung einer ordnungsgemäß angemeldeten Versammlung ist nicht zu rechnen.

„Wir haben im Haus ein Verbot von unangemeldeten Versammlungen geprüft und mit der Polizei diskutiert. Dabei sind auch die Erfahrungen von Städten eingeflossen, die bereits Versammlungsverbote über eine städtische Allgemeinverfügung ausgesprochen haben. Berücksichtigt haben wir auch die Städte, die keine Allgemeinverfügung erlassen haben und dennoch Schauplatz von unangemeldeten Spaziergängen sind“, sagte Oberbürgermeister Ralf Broß. „Wir könnten jederzeit ein Verbot aussprechen. Ein Verbot ist jedoch so lange nutzlos, wie es nicht auch von den Kräften der Landespolizei umgesetzt werden kann – und hier liegt der Knackpunkt“, argumentiert der Rottweiler Oberbürgermeister.

Stadt und Polizei befürchten, dass sich trotz Versammlungsverbot weiterhin „Spaziergänger“ einfinden werden. Für diesen Fall hätte die Polizei keinen Handlungsspielraum und müsste die Versammlung auflösen. „Die Erfahrungen der Kollegen aus anderen Städten machen jedoch zweierlei deutlich: Zum einen, dass der Einsatz von Polizeikräften zu diesem Zweck nicht zu einer friedlichen Auflösung führt. Im Gegenteil. Widerstand gegen die Auflösung und tumultartige Szenen sind dann vorprogrammiert. Zum anderen, dass nicht genügend Polizeibeamte zur Verfügung stehen.“

Ralf Broß macht deutlich: „Für den Fall der zu erwartenden Auflösung der Versammlung sind wir darauf angewiesen, dass zum fraglichen Zeitpunkt genügend Einsatzkräfte der Polizei vor Ort verfügbar sind.“ Da in vielen Städten zeitgleich demonstriert wurde, war dies in den vergangenen Wochen nicht möglich, und auch für die Zukunft kann das Polizeipräsidium Konstanz die erforderliche Personalstärke nicht sicherstellen. Daher müsse Rottweil davon ausgehen, dass ein städtisches Versammlungsverbot vom Land nicht durchgesetzt werden kann.

Rottweil geht einen anderen Weg und appelliert an alle Bürger, sich gegen eine Teilnahme an solchen „Spaziergängen“ und für Solidarität, Mitgefühl und Verantwortungsbewusstsein zu entscheiden. Als sichtbares Zeichen wirbt am Alten Rathaus seit Freitag ein großes Transparent für die Corona-Schutzimpfung.