Tierwelt

Rückeroberung des Neckars

Bissspuren in der Nähe der Eisenbahnerlebniswelt deuten auf einen weiteres Biberpaar hin, das sich rund um Horb niederlässt.

12.01.2018

Von Dagmar Stepper

Hier waren nach Aussagen des Neckartal-Rangers Harald Dold ein ausgewachsener Biber und ein Jungtier am Werk. Bilder: Kuball

Hier waren nach Aussagen des Neckartal-Rangers Harald Dold ein ausgewachsener Biber und ein Jungtier am Werk. Bilder: Kuball

Der Biber erobert sich gerade das Neckartal rund um Horb zurück. Darauf deuten Bissspuren an den Gehölzen in der Nähe der Eisenbahnerlebniswelt hin. Aufgefallen sind sie Hellmut Hirth vom Horber Fischereiverein, der die SÜDWEST PRESSE informierte. Gestern nun der Spaziergang entlang des Neckars. Und siehe da: eindeutig Spuren von Biberverbiss an Weiden. Ein Baum wurde fast durchgebissen.

Vor drei Jahren wurde der Biber wieder in Horb entdeckt, nachdem er vor 170 Jahre hier fast ausgerottet worden war.
Eine Biberfamilie hatte sich im Neckartal beim ANV-Heim angesiedelt, hier eine Burg gebaut, Nachwuchs bekommen. Die Bestände erholen sich so langsam wieder. Harald Dold, Vorsitzender des Angel- und Naturschutzvereins (ANV) Weitingen und Neckartal-Ranger, sprudelte über vor Glück.

Herkunft unbekannt

Dold beobachtet das Wachsen und Gedeihen der Biberfamilie, hat die Tiere auch schon in natura beobachtet. Was nicht einfach ist, denn Biber sind sehr scheu und meist in der Dämmerung unterwegs. Können die Spuren von der Biberfamilie aus dem Eyachtal stammen? Oder siedeln sich Nagetiere aus dem Sulzer Raum dort an? Ein Anruf bei Harald Dold. „Die Bissspuren stammen sehr wahrscheinlich von einem Weibchen mit einem Jungtier“, schließt er aus den Fotos.

Woher die Biber stammen, kann er allerdings nicht sagen. Klar ist, dass „seine“ Biberfamilie aus dem Eyachtal Nachwuchs hat. Dold schätzt, dass derzeit drei Jungtiere im Bau wohnen. Doch diese müssen nach einem Jahr ihr eigenes Revier erobern.

Im Glatttal ist der Biber ebenfalls aktiv. Bei Bettenhausen wurde ein Nagetier kürzlich auf der Straße gesichtet, berichtet Dold. Bei Börstingen sind ebenfalls etliche Fraßspuren zu beobachten. „Hier versucht wohl gerade einer, einem Weibchen zu imponieren“, sagt Dold. Bald sei Paarungszeit.

Dolds Biber sind aus dem
Neckartal nicht mehr wegzudenken. Ihre Burg haben sie inzwischen so gut getarnt, dass der Ranger sie selbst fast nicht mehr findet. Den Standort haben die Nagetiere übrigens sehr gut gewählt. Dold zieht seinen Hut. Denn bei den Überschwemmungen vor einer Woche war das Tal überflutet. „Aber die Biberburg wurde auf einer Erhöhung gebaut, wo das Hochwasser nicht hinkommt“, berichtet Dold und fügt voller Respekt mit einem Lachen hinzu: „Den perfekten Standort gefunden – und das ohne GPS.“

Neckartal-Ranger Dold würde den Horbern ja wünschen, dass sie „ihren eigenen Biber“ bekommen. Dann müssten sie nicht mehr neidisch nach Weitingen schielen. Und die Bissspuren – darunter auch welche vom vergangenen Jahr – von Alttier und Jungtier deuten daraufhin hin.

Früh übt sich: Diese Spuren haben die kleinen Zähne eines Jungtiers hinterlassen.

Früh übt sich: Diese Spuren haben die kleinen Zähne eines Jungtiers hinterlassen.

Das zweitgrößte Nagetier der Welt

Biber gibt es seit 50 Millionen Jahren. Sie gehören zu den Nagetieren. Erwachsene Tiere werden bis zu 30 Kilogramm schwer und bis zu 1,30 Meter lang. Damit sind sie das zweitgrößte Nagetier der Welt, nur das südamerikanische Wasserschwein ist größer. Der Biber ist ein ausgezeichnete Schwimmer. An Land hingegen wirkt er oft plump und unbeholfen. Sein 35 Zentimeter großer Schwanz, er wird Kelle genannt, ist sein auffälligstes Merkmal. Er ist beschuppt, daher galt er bei den Mönchen früher auch als Fastenspeise. Die Kelle dient nicht nur als Steuerung beim Schwimmen, sondern auch als Fettspeicher und Stütze beim Sitzen. Das Biberfell ist eins der dichtesten im Tierreich, auf der Bauchseite sind es bis zu 23 000 Haare pro Quadratzentimeter.
Biber haben ein typisches Nagergebiss mit 20 Zähnen, die ständig nachwachsen. Biber sind Vegetarier: Im Sommer mögen sie Grünpflanzen. Auf Seerosen stehen sie besonders. Im Winter steht Baumrinde auf dem Speiseplan. Da Biber nicht klettern können, müssen sie die Bäume fällen, um an das Futter zu gelangen. Als Lebensraum bevorzugen sie langsam fließende und stehende Gewässer – so wie der Neckar rund um Mühlen.