Tennis

Ruhelos vor dem Sturm

Angelique Kerber hat beim Porsche Grand Prix in Stuttgart einen Titel zu verteidigen. Sie schöpft ihre Kraft aus einer guten Fed-Cup-Woche – und freut sich gleichzeitig auf einen Neustart.

25.04.2017

Von HELEN WEIBLE

So feiert die deutsche Spitzenspielerin einen erfolgreichen Ballwechsel: Beide Fäuste zum Bauch und ein Jubelruf signalisieren eine zufriedene Angelique Kerber. Foto: Eibner

So feiert die deutsche Spitzenspielerin einen erfolgreichen Ballwechsel: Beide Fäuste zum Bauch und ein Jubelruf signalisieren eine zufriedene Angelique Kerber. Foto: Eibner

Neue Woche, neues Turnier. So lautet die Devise von Angelique Kerber. Deutschlands beste Tennisspielerin, die seit gestern wieder an Stelle zwei im weltweiten Ranking geführt wird, ist in die Vorbereitung auf den Porsche Tennis Grand Prix gestartet. Das Turnier in Stuttgart hat die 29-Jährige die vergangenen beide Male gewonnen. Im Porsche-Kalender wird im Monat April an die „Feiertage“ der Markenbotschafterin erinnert. Zwei Fotos zeigen sie in typischer Jubelpose und mit zusammengebissenen Zähnen beim Schlag.

So wechselhaft wie der April nun mal ist, lief es gewissermaßen auch für „Angie“ bislang. Sie zeigte im Fed Cup in der Porsche-Arena nach ihrer Einschätzung und auch der von Bundestrainerin Barbara Rittner zwar zwei „gute Matches“. Doch so richtig glücklich wirkte sie nicht am Sonntagabend – eher müde und in sich gekehrt. Nach ihrer Niederlage gegen die ukrainische Nummer eins, Elina Svitolina, sagte sie: „Das war keineswegs ein Rückschlag für mich. Auch diese Woche hat mich wieder weiter gebracht. Ich schaue positiv nach vorne.“

Und: „Mein Tennis war noch nie weg“, kontert sie Versuche, das Topjahr 2016 mit dem jetzigen zu vergleichen. Bis zu ihrem ersten Auftritt als Titelverteidigerin bleiben ihr zwei Tage. Die werden wieder gefüllt sein mit allerlei Verpflichtungen. „Ich werde viel drum herum zu tun haben“, sagt sie mit einem seufzenden Unterton. Zeit zum Verschnaufen bleibt ihr nicht. Klar, das ist das Los eines Profis. Doch man hat stets den Eindruck, eine Pause würde ihr gut tun.

Am Wochenende konnte sie sich noch ein wenig verstecken, vieles mit der Fed-Cup-Mannschaft gemeinsam erledigen. Julia Görges, Laura Siegemund und Carina Witthöft, ja auch Barbara Rittner, waren bei ihr. Jetzt ist sie wieder auf sich allein gestellt. Natürlich nicht ganz allein. Ihr Betreuerteam bildet eine Konstante, vor allem ihr Trainer Torben Beltz. „Ich kenne wenige, die so positiv durchs Leben gehen“, sagte sie im Porsche-Tennis-Magazin über ihren Coach. Aber auch Physiotherapeutin Cathrin Junker und Manager Aljoscha Thron säumen die viel gefragte Marke „AK“.

Natürlich wünscht man sich bei der 40. Ausgabe des traditionellen Damenturniers spannende Begegnungen mit Kerber. Vielleicht eine Neuauflage des Finales von 2016 mit Laura Siegemund? Die Metzingerin erhielt ja die letzte Wildcard vom Veranstalter. Ebenso reizvoll wäre auch wieder ein Duell mit Maria Scharapowa. Vor zwei Jahren räumte Kerber die damalige Titelverteidigerin früh aus dem Weg. Scharapowa müsste nach ihrer 15-monatigen Zwangspause aufgrund der verbotenen Einnahme von Meldonium aber drei Matches gewinnen, um bis ins Halbfinale einzuziehen. Erst hier könnten die Russin und die Deutsche aufeinandertreffen.

Für Scharapowa eher von zweitrangiger Bedeutung, spielt der Belag für Kerber durchaus eine Rolle. Die rote Asche in Stuttgart liegt ihr. Tatsächlich beherrscht es die Linkshänderin meist besser als ihre Gegnerinnen, durch Rutschen noch an jeden Ball zu kommen. Dabei muss sie aber den Ball umso präziser treffen und platzieren. Wie im Duell gegen Svitolina zu sehen war, nützt ihr auch dies nichts, wenn die Konkurrenz das beste Tennis auspackt. Es gibt eben eine gute Handvoll Spielerinnen, die Kerber vor große Aufgaben stellen können. Und die stehen sicherlich alle auf der Meldeliste des Stuttgarter Turniers, dieses Jahr sind es sieben aus den Top Ten. „Noch besser zu werden ist in diesem Bereich praktisch unmöglich“, sagt Turnierdirektor Markus Günthardt. Noch besser zu werden, ist in Kerbers Fall möglich, aber sehr schwer.