Eutingen · Auszeichnung

Ruhezeit nur für die Brötchen

Der Eutinger Bäckermeister Roland Plaz hat vom baden-württembergischen Genossenschaftsverband die Schulze-Delitzsch-Medaille überreicht bekommen. Der 69-Jährige engagiert sich seit mehr als 35 Jahren für sein Handwerk.

07.08.2019

Von Maik Wilke

Freude über eine Ehrung, aber vor allem auch Freude am Beruf: Roland Plaz in seiner Backstube in Eutingen. Bilder: Karl-Heinz Kuball

Freude über eine Ehrung, aber vor allem auch Freude am Beruf: Roland Plaz in seiner Backstube in Eutingen. Bilder: Karl-Heinz Kuball

Einen Froster, einen Ofen, eine Aufbackstation und eine Ladentheke – mehr braucht es nicht, um einen Backshop zu eröffnen. Brot, Brezel und Brötchen können in etlichen Varianten aus einem Katalog ausgesucht und bestellt werden. Bedeutet: Wer einen Backshop betreibt, braucht kein Getreide anzufassen. „Mit dem Handwerk des Bäckers hat das überhaupt nichts mehr zu tun“, sagt Roland Plaz. Um die Arbeitsbedingungen für selbstbackende Bäcker zu verbessern, hat sich der Eutinger Bäckermeister seit 1984 in der Bäko, der Verbundgruppe für Bäcker und Konditoren in Deutschland und Österreich, engagiert. Für seine Verdienste wurde Plaz nun mit der Schulze-Delitzsch-Medaille ausgezeichnet. „Das hat mich natürlich extrem gefreut, schließlich wird diese Medaille nur selten vergeben“, erklärt Plaz im Gespräch mit unserer Zeitung.

Einfluss auf Preis und Qualität

Genauer: Nur etwa 50 Mal pro Jahr in Baden-Württemberg, erklärt Lydia Ramsthaler vom Genossenschaftsverband. Eine Zahl, die verdeutlicht, welch großes Engagement der 69-Jährige für das Bäcker-Handwerk eingebracht hat. Von 1984 bis 2002 war Roland Plaz stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender und von 2002 bis 2016 Aufsichtsratsvorsitzender der Bäko Südwürttemberg. Über diese Einkaufsgenossenschaft können Bäcker Rohstoffe, Papierware und Maschinen, also beispielsweise Öfen und Klimaschränke, beziehen. Auch Handwerker sind bei einer Mitgliedschaft in der Bäko schneller in der Filiale, um Maschinen zu reparieren. „Das ist ein großer Vorteil, schließlich muss das Geschäft laufen“, sagt Plaz. „Ein selbstbackender Bäcker kann nicht zwei Tage auf einen Termin warten. Die Bäko-eigenen Monteure sind oft zwei Stunden später im Betrieb – danach läuft’s wieder.“

Über seine Funktionen in der Bäko konnte der Eutinger mit seinen Kollegen im Aufsichtsrat, die meisten wie Plaz selbst Bäcker-Innungs-Obermeister (knapp 20 Jahre für den Kreis Freudenstadt), Einfluss auf die Preisgestaltung und die Qualität der Rohstoffe nehmen. Zudem war Plaz als Aufsichtsratsvorsitzender im Prüfungsausschuss tätig und vertrat die Bäko bei Bundestagungen. Die Aufgaben haben ihm stets Spaß gemacht, erklärt Plaz – auch wenn die Zeiten für Bäcker schwieriger geworden sind: Bürokratie und Auflagen machen kleinen Unternehmen zu schaffen, für Ausbildungsplätze gibt es wie in vielen Handwerksbetrieben weniger Interessenten. Zwar habe bei der Agentur für Arbeit in den vergangenen Jahren ein Umdenken stattgefunden, um das Handwerk zu stärken – doch viel zu spät, wie Plaz betont: „Die Agentur wollte sogar meinem Sohn ausreden, Bäcker zu werden. Da hat man schon einen willigen jungen Mann, der den Betrieb übernehmen möchte, und dann fehlt die Unterstützung.“ Der Sohn, Tobias Plaz, hat sich dennoch entschieden, den Familienbetrieb weiterzuführen (siehe Infokasten).

Zumal die Arbeitszeiten kein Grund mehr seien, den Beruf nicht zu ergreifen. Durch moderne Klimaschränke werden die Teiglinge je nach eingegebener Uhrzeit gekühlt oder eben langsam aufgetaut. Bedeutet: Ein Schichtbetrieb ist möglich, nicht jeder Bäcker muss wie früher um 0.30 Uhr zur Arbeit. „Die letzte Schicht beginnt um 5 oder 6 Uhr – das ist später als die Frühschicht beim Daimler“, sagt Plaz.

In dieser letzten Schicht werden indes auch nur noch die Teiglinge für den nächsten Tag vorbereitet. Das Stichwort lautet: Ruhezeit. „Dadurch entfaltet sich das Aroma erst richtig und der Geschmack wird intensiver“, betont Roland Plaz. Für den Bäckermeister sind die erwähnten Backshops daher auch nur bedingt eine Konkurrenz.

Der Unterschied zur Massenware, die vorproduziert an Backshops geliefert wird, werde vor allem bei längerer Liegezeit deutlich. „In der ersten Stunde sind die Brötchen vielleicht noch ok, aber danach werden sie weich und verlieren Geschmack. Das merkt der Kunde und schätzt die bessere Qualität“, sagt Plaz. Gerade Sportvereine in der Umgebung, die für Feste und Veranstaltungen Brötchen brauchen, setzen auf die Plaz-Weckle.

In der Region schließen dennoch immer mehr selbstbackende Bäcker. In Horb gibt es die Bäckerei Saur sowie die Bäckerei Schott hinter dem Luziferturm. Selbst im Großraum Freudenstadt gibt es nur noch drei Bäckereien, die ihr Handwerk selbst beherrschen. Roland Plaz nimmt diese Entwicklung wahr. Doch dem wirke das Umdenken in der Gesellschaft, in der Nahversorgung einen größeren Stellenwert einnimmt, entgegen Und: „Wer gute Qualität anbietet, muss sich keine Sorgen machen.“

In vierter Generation geführt

Seit vier Generationen gibt es die Bäckerei Plaz in der Eutinger Marktstraße. Roland Plaz ist mit der Backstube groß geworden, seine Lehre machte er in Stuttgart, dann zog es ihn nach Fellbach und Tuttlingen. Nach dem plötzlichen Tod seines Vaters musste Roland Plaz mit 27 Jahren den Eutinger Familienbetrieb übernehmen. Seitdem wurde das Geschäft viermal umgebaut und vergrößert. Heute führt sein Sohn Tobias Plaz den Familienbetrieb.