Kein neozaristisches Machwerk Aber die Kritik am bloß Musealen gerät nur matt.

Russian Ark

Kein neozaristisches Machwerk Aber die Kritik am bloß Musealen gerät nur matt.

24.11.2015

Von Tom Ziegner

Russian Ark

Stadtgründer Peter der Große kujoniert einen Höfling, Zarin Katharina muss mal pinkeln, die Romanows trinken Tee. Ein Franzose aus dem 19. Jahrhundert streift durch die Gemäldegalerie der Sankt Petersburger Eremitage, beugt fromm seine Knie vor El Grecos „Peter und Paul?. Er betreibt Konversation mit postkommunistischen Museumsbesuchern und lässt sich Bilder von einer Blinden erklären, oft begleitet von einer Stimme aus dem Off, im Original die des Regisseurs Alexander Sokurov.

96 Minuten wälzt sich ohne einen einzigen Schnitt gemächlich die Bilderflut. Das ist technisch-logistisch bemerkenswert, ästhetisch aber unbefriedigend ? wie das 225-teilige Sammelsurium von Bildungs- und Kulturgütern, das Katharina angeschafft hat, um andere europäische Potentaten mit ihrer Sammlung zu übertreffen. Macht inszeniert sich in leerem musealen Prunk. Oder im dem schier endlos abgefilmten, eintönigen Getriebe eines höfischen Balls.

Die Erwartung, er würde zur 300-Jahr-Feier Sankt Petersburgs einen repräsentativen Kolossal-Schinken vorlegen, hat Sokurov freilich unterlaufen. Keinen „Liebesbrief an die Vergangenheit?, so eine im Werbe-Flyer zitierte Kritik, hat er geschrieben. Kalt und teilnahmslos allermeist schiebt sich die Kamera durchs Museum. Als kenntnisloser Führer fungiert der aus dem 19. Jahrhundert hergewehte französische Aristokrat. Austauschbare Episoden und Splitter sammelt die „Russische Arche? ein, öffnet zum mystisch raunenden Schluss einen Seitenausgang zur Newa, wo Nebel wabern.