Hau&Holzwiese

Ein ungeliebtes Kind

Im Gemeinderat wurde gestern Abend zwar noch nichts entschieden, aber die Zustimmung für das geplante Ahldorfer Gewerbegebiet bröckelt.

26.09.2018

Von Dagmar Stepper

Rund 200 Vertreter der BI Hau&Holzwiese verfolgten die Debatte im Gemeinderat über das geplante Gewerbegebiet in Ahldorf. Bilder: Kuball

Rund 200 Vertreter der BI Hau&Holzwiese verfolgten die Debatte im Gemeinderat über das geplante Gewerbegebiet in Ahldorf. Bilder: Kuball

Kaum ein Durchkommen war am Dienstagabend in den Sitzungssaal des Gemeinderats im Feuerwehrgerätehaus. Rund 200 Mitglieder der Bürgerinitiative (BI) gegen das geplante Gewerbegebiet in Ahldorf standen vor der Sitzung schon Spalier, um friedlich ihre Meinung kundzutun. „Wir brauchen Frischluft, keine Abluft“, prangte auf einem Banner. Während der Sitzung füllten sie dann die Stuhlreihen oder lehnten sich entlang den Wänden und lauschten aufmerksam der zweistündigen Diskussion.

Oberbürgermeister Peter Rosenberger betonte eins gleich zu Anfang: „Wir fassen heute keine Beschlüsse, sondern wir präsentieren die bisherigen Ergebnisse.“ Denn die ersten Gutachten zur geologischen Situation und dem Artenschutz liegen nun vor. Kurzes Fazit der Stadtverwaltung: Eine Gewerbeerschließung ist grundsätzlich möglich, der Standort sollte aufgrund der mangelnden Alternativen in Autobahnnähe weiter untersucht werden.

BI-Sprecherin Christiane Nuss, der ein Rederecht eingeräumt wurde, forderte allerdings, weitere Untersuchungen sofort zu stoppen und das Geld in die Stadtentwicklung und in die Verbesserung der Lebensqualität der Horber Bürger zu investieren. Leidenschaftlich trug sie ihre Gründe vor, die die BI-Anhänger mit donnerndem Applaus quittierten. Nuss betonte, dass Ahldorf zweigeteilt sei: Die eine Seite ist von Industrie und Autobahn geprägt, die andere Seite, die „Zuckerseite“, ist die Landschaft von Hau und Holzwiese. Das sei nicht nur ein Erholungsgebiet für die Ahldorfer und die Region, sondern auch Heimat für die heutige und die nächste Generation. Und das soll nun für ein Gewerbegebiet weichen. „Wir fühlen uns ohnmächtig gegenüber unseren politisch gewählten Vertretern, weil sie uns das letzte verbliebene Kleinod zerstören wollen“, sagte sie. Nuss ging noch weiter: Sie kritisierte vehement den Flächenverbrauch und dass Ökonomie mehr zähle als Ökologie. Bei der Diskussion wurde schnell klar, dass sich das geplante Gewerbegebiet zum ungeliebten Kind entwickelt. OGL-Stadträtin Elisabeth Schneiderhan stellte als erste Rednerin des Abends den Antrag, das Gewerbegebiet an der B 32 nicht weiter zu verfolgen: „Es ist wichtig, dass kein weiteres Geld mehr in dieses Projekt fließt.“ Den selben Antrag stellte später auch ULH-Fraktionsvorsitzender Hermann Walz. Und immer mehr Stimmen erhoben sich gegen das Gewerbegebiet. Für CDU-Fraktionsvorsitzender Michael Keßler ist die mangelnde Verkaufsbereitschaft – 82 Prozent wollen ihren Grund und Boden nicht verkaufen – ein eindeutiges Zeichen: „Wir sollten die Gewerbeansiedlung beenden.“ SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Mattes wand
sich etwas, bevor er zum selben Resultat kam: „Ich kann mir
nicht vorstellen, dass wir es weiterverfolgen.“

Rosenberger erinnerte bei diesen Statements den Gemeinderat mehrmals dran, dass er den Auftrag an die Stadtverwaltung erteilt hat, geeignete Gewerbeflächen in Autobahnnähe zu untersuchen, und nun wollten sich einige Stadträte nicht mehr daran erinnern. „Wir haben genau das getan, wozu sie uns beauftragt haben“, sagte ein sichtlich verschnupfter OB. Zum jetzigen Zeitpunkt die Untersuchungen abzubrechen seinen nicht üblich. Das sagte auch FD/FW-Fraktionsvorsitzender Dr. Alfred Seifriz: „Wir sind die einzige Kommune entlang der A 81, die kein Gewerbegebiet an der Autobahn hat. Da sollte es legitim sein, das zu untersuchen.“ Seifriz plädierte für weitere Untersuchungen, bevor eine Entscheidung gefällt wird.

Abgestimmt wurde gestern Abend also nicht. Der Ältestenrat will im Oktober über das weitere Vorgehen beraten und seine Entscheidung soll anschließend im Gemeinderat diskutiert werden. Doch die Zustimmung für das 25-Hektar große Gewerbegebiet bröckelt zusehens (wir werden noch berichten).

Friedlicher Protest auch vor der Gemeinderatssitzung.

Friedlicher Protest auch vor der Gemeinderatssitzung.

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Erstellt:
26.09.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 40sec
zuletzt aktualisiert: 26.09.2018, 01:00 Uhr

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