Presseschau zu Thilo Kehrer

„Schalkes nächstes Juwel“

In zehn Tagen spielte der Pfäffinger Thilo Kehrer dreimal über 90 Minuten in der Bundesliga. Obwohl der FC Schalke dabei nur einen Punkt holte, gab‘s für den Innenverteidiger viel Lob und einen Hype in den Medien.

21.12.2016

Von Moritz Hagemann

Hat Spaß auf Schalke: Der Pfäffinger Thilo Kehrer (links) und sein Schalker Teamkollege Atsuto Uchida. Bild: Ulmer

Hat Spaß auf Schalke: Der Pfäffinger Thilo Kehrer (links) und sein Schalker Teamkollege Atsuto Uchida. Bild: Ulmer

Jetzt ist erstmal Winterpause, die Schalker Spieler haben frei bis zum 3. Januar. In der Fußball-Europa League spielte der 20-jährige Thilo Kehrer bereits in zwei Partien über die volle Distanz. Die Schalker Personalprobleme spülten Kehrer dann auch in der Bundesliga gegen Leverkusen (0:1), Freiburg (1:1) und in Hamburg (1:2) in die Startelf – drei Spiele binnen der vergangenen zehn Tage. Und das, während beispielsweise in Hamburg ein Spieler wie Dennis Aogo (WM-Teilnehmer 2010 für Deutschland) nur ein Platz auf der Ersatzbank blieb. Viel Lob gab’s dafür von Trainer, Manager und den Teamkollegen. Obwohl Kehrer nicht fehlerfrei blieb. Was die deutschen Medien dazu sagten, fasst das TAGBLATT zusammen.

FC Schalke 04 – Bayer Leverkusen 0:1 (0:1)

Kurz vor Schluss führte ein vermeintliches Foul von Kehrer gegen Hakan Calhanoglu zum Gegentreffer. Allerdings spielte Kehrer den Ball, weshalb der Freistoßpfiff fragwürdig war.„Der Westen“ lobte den 20-Jährigen für seine Leistung: „Abgeklärt, zweikampfstark, technisch versiert: Thilo Kehrer spielte in Schalkes Abwehr so gut, als würde er seit Ewigkeiten dazugehören. Es war aber erst sein erstes Bundesligaspiel in der Startelf.“ Auch die „Westfälische Allgemeine Zeitung“ (WAZ) titelte im Anschluss: „Kehrer ist Schalkes nächstes Juwel.“

Das Online-Fußballmagazin„Goal.com“ sah bei Kehrer den „Ketchup-Effekt“: „Man versucht alles, schüttelt und lange passiert gar nichts, bis plötzlich alles auf einmal kommt. Wer kennt das nicht? Im übertragenen Sinne wird es Thilo Kehrer vom FC Schalke in den letzten Wochen ähnlich ergangen sein – nur geht es bei ihm weniger um die tomatige Würzsauce, sondern viel mehr um seine Karriere als Profi-Fußballer.“ Und lobte den 20-Jährigen weiter: „Mit 76% Passquote, vier klärenden Aktionen, neun abgefangenen Bällen und zwei geblockten Schüssen gehörte ausgerechnet der Startelf-Debütant zu den überragenden Spielern auf dem Rasen und erntete trotz unglücklicher Niederlage viel Lob.Auch Schalkes Manager Christian Heidel schwärmte: „Er hat das überragend gut gemacht. Der Junge entwickelt sich immer weiter.“

Die „Halterner Zeitung“ widmete Kehrer nach seinem Debüt ebenfalls einen Artikel: „Der 20-Jährige ist auf dem besten Weg, sich als nächstes Talent der Schalker Knappenschmiede im Profifußball zu etablieren.“ Auch Mitspieler Johannes Geis bewerte in diesem Blatt die Leistung des Pfäffingers: „Thilo hat gut gespielt und geackert.“ Im „Kicker“ bekam Kehrer für seine Leistung eine 2,5.

FC Schalke 04 – SC Freiburg 1:1 (0:0)

Beim Freiburger Führungstreffer durch Florian Niederlechner machte Kehrer einen Schritt in die falsche Richtung und ermöglichte dem Stürmer den Torabschluss. „Ein falscher Schritt, der aus den Noten in den Fachmagazinen vielleicht aus einer erstrebenswerten 2,5 eine blasse 4 machte“, schrieb der „Westfälische Anzeiger“. Der zitierte weiter Schalkes Weltmeister und Kapitän Benedikt Höwedes: „Er braucht den Kopf nicht in den Sand stecken, er hat ein gutes Spiel gemacht. Er war griffig in den Zweikämpfen, hat gute Bälle gespielt. Aber solche Dinger passieren.“

„Der Westen“ ließ Manager Heidel zu Wort kommen: „So ein Fehler, wie ihm Thilo unterlaufen ist, kann auch einem erfahrenen Mann wie Naldo passieren. Thilo sieht in der Szene unglücklich aus, aber sonst hat er überragend gespielt.“ Der „Kicker“ gab als Note die 4,0. Dementsprechend selbstkritisch äußerste sich Kehrer dort auch: „Ich habe ein ordentliches Spiel gemacht - bis auf eine Szene. Wir hatten in dem Moment keinen Druck auf den Ball, Freiburgs Janik Haberer kann frei auf unser Tor zulaufen. Ich habe einen Mann im Rücken und die Situation so eingeschätzt, dass ich Benedikt Höwedes noch neben mir habe. Ich entscheide mich rauszustechen - dann muss ich den Ball allerdings auch haben. Ich habe ihn nicht erwischt, dadurch konnte Florian Niederlechner allein auf den Torwart zulaufen und das 1:0 erzielen.“ Kehrer betonte außerdem, dass er „durchaus eine gewisse Grundspannung und Nervosität“ vor den Spielen spüre, aber im Spiel in einem Tunnel sei: „Ich versuche, jede Aktion klar zu lösen und auch im Kopf klar zu sein - mit anderen Worten: den Gegner zu beobachten und vorher schon versuchen zu wissen, was ich machen würde.“

Hamburger SV – FC Schalke 04 2:1 (0:0)

Die „Ruhrnachrichten“ befanden, dass Schalke beim HSV „offenbar nicht in der Lage war, das Fehlen von gleich mehreren wichtigen Stammspielern zu kompensieren“. Auch der 20-jährige Kehrer bekam dabei nicht allzu gute Kritiken: „In der Defensive wirkte Schalke dagegen längst nicht so sicher wie zuletzt noch, vor allem Thilo Kehrer hatte immer wieder seine liebe Not mit Filip Kostic. In einer Spielpause beorderte Weinzierl den Nachwuchsspieler zur Seitenlinie, um einige Feinjustierungen vorzunehmen.“ Der Pfäffinger hatte Kostic eine Viertelstunde vor Schluss im Strafraum gefoult, doch Johann Djourou vergab den Elfmeter.

In der „WAZ“ gab‘s für Kehrer für den Auftritt in Hamburg die Note 5. Mit der Begründung: „Verursachte den Elfmeter an Kostic, der dem Youngster auch sonst einige Male die Grenzen aufzeigte. Bei einer Kopfballchance nach einer Geis-Ecke traf er den Ball nicht richtig.“

Kehrers möglicher Wechsel zu Inter Mailand

Natürlich nehmen die meisten Medien auch die Wechsel-Posse Kehrers zu Inter Mailand nochmals auf, wo Kehrer im Sommer 2015 bereits einen Vertrag gehabt haben soll. Die „Süddeutsche Zeitung“ (SZ) berichtete in ihrer Freitags-Ausgabe über einen Trick des damaligen Managers Horst Heldt: „Der Manager trat in Verhandlungen mit Inter ein, aber es ging nicht um Kehrer, sondern um den ehemaligen Bayern-Spieler Xherdan Shaqiri, den die Italiener zum Verkauf angeboten hatten. Heldt knüpfte die Gespräche an die Bedingung, den Vertrag mit Kehrer aufzulösen – und erreichte damit, was er wollte.“ Heldt sagte der Zeitung: „Der Fall war sehr kompliziert und stand Spitz auf Knopf.“

Weiter schrieb das Blatt nach dem Spiel gegen Leverkusen: „Dass sich der Aufwand [für Heldt] gelohnt hat, darüber sich nach alle Schalker einig. Trainer Markus Weinzierl fiel zu Kehrers Leistung ausdrücklich mehr ein als das obligatorische Hat-seine-Sache-gut-gemacht-Lob, das Startelfdebütanten üblicherweise gratis erteilt wird: ‘Man kann Thilo blind vertrauen‘, urteilte der Coach.“ Die SZ ging sogar noch weiter und zog eine Verbindung zu großen Namen heran: „Deutschland und die Welt sind es gewohnt, dass aus der Schalker Jugend Nachschub für das Gelsenkirchener Profiteam und womöglich gleich auch für die Nationalmannschaft hervorgeht: Neuer, Höwedes, Özil, Draxler, Sané und Meyer haben bekanntlich eine Ausbildung auf Schalke und beim sagenumworbenen A-Junioren-Trainer Norbert Elgert genossen.“ Wie eben auch Thilo Kehrer.