Autohof

Schelle für Shell

Mit neun zu eins Stimmen sprach sich der Empfinger Gemeinderat gegen den Ausbau der Tankstelle mit 50 Stellplätzen für Lastwagen aus.

27.10.2016

Von Benjamin Breitmaier

Schelle für Shell

Einsam war sie, die Bürgermeisterhand. Wirklich gekämpft hatte er trotzdem nicht für seine Sitzungsvorlage. Albert Schindler allein auf weiter Flur mit seiner Zustimmung zum Projekt Autohof. Es dauerte keine 15 Minuten, dann war das Vohaben von Shell, die jetzige Tankstelle auszubauen, generalgegeiselt. Angeschaut, zweimal geprüft und für zu laut befunden. Neun gegen eins, das Ergebnis der Abstimmung, ein lautes: „Wir wollen das nicht“ in Richtung Investor.

Frage ist jetzt, was bedeutet ein so deutliches „Nein“ von Seiten der Empfinger Räte? Der Ball liegt jetzt im Feld der Horber Baurechtsbehörde. Diese hat es in der Hand, ob die Baugenehmigung erteilt wird oder nicht. Deren Chef ist Wolfgang Kronenbitter. Der Fachmann lässt im Gespräch mit der SÜDWEST PRESSE durchblicken, dass die Horber sich eher dem Beschluss aus Empfingen anschließen. Kronenbitter wörtlich: „In der Regel werden wir das Einvernehmen
der Gemeinde nicht ersetzen,
weil wir der Auffassung sind,
dass wir in die Planungshoheit der Gemeinde Empfingen nicht eingreifen wollen.“

War‘s das also für Shell? Noch nicht. Rein theoretisch könnte der Investor nach Ablehnen der Baugenehmigung Widerspruch beim Regierungspräsidium in Karlsruhe einlegen. Sollten die Karlsruher den Entscheidungen aus Empfingen und Horb folgen, bliebe
noch der Gang vor das Verwaltungsgericht.

Der Ausgang einer möglichen Klage ist schwer abschätzbar. Die Auflagen, die einen Autohof allein beim Thema Lärmschutz möglich machen würden, sind hoch. Das machte der Sachverständige Dr. Frank Dröscher in der Sitzung am vergangenen Dienstag deutlich.

Sein Tübinger Ingenieurbüro hatte sich auf Wunsch des Gemeinderats das von Shell selbst gelieferte Lärmschutzgutachten des Büros Jäger vorgenommen und auf Herz und Nieren geprüft. Ergebnis: Die Begeisterung über Methodik und Ergebnisse hielt sich bei dem Tübinger Fachmann in Grenzen.

Die These des ersten Gutachtens war, dass der Lärm von Autobahn und Haigerlocher Straße die Geräusche eines Autohofs überlagern würden. Dröscher sah diesen Umstand etwas anders. „In fachlich unzutreffender Weise hat man sich auf die lauteste Nachtstunde des Tankstellenbetriebs beschränkt“, erklärte er im Hinblick auf das Vorgänger-Gutachten. Hauptkritikpunkt war, dass man bei den Lärmwerten in den Nachtstunden nicht richtig gemessen hatte. Der Tübinger Ingenieur kommt im Gegensatz zu dem vorangegangenen Gutachten zum Schluss, dass deutliche Überschreitungen vorliegen, sollte sich der Investor nicht in ein enges Korsett an Auflagen schnüren (siehe Infokasten), die in die Baugenehmigung einfließen würden. Um sicher zu gehen, dass Shell die Auflagen auch einhält, schlägt die Gewerbeaufsicht des Landratsamts Freudenstadt vor, zwei Überwachungsmessungen im Zeitraum von 0 bis 5 Uhr morgens zu machen. Sollten Überschreitungen festgestellt werden könnte Shell auch hezwungen werden, eine Lärmschutzwand zwischen dem Autohof und der Wohnsiedlung Reichenhalden zu bauen. Das abschließende Fazit des Gutachters lautete: „Das ist kein optimaler Ort für einen Autohof.“

Derselben Meinung war auch die Bundesanstalt für Immobilien, Eigentümer der Siedlung Reichenhalden. Diese hatte nicht nur Bedenken wegen erhöhtem Lärmaufkommen in der Nähe von Wohnsiedlung und Kindergarten, sondern machte sich auch Sorgen wegen Feinstaubs. Diese Bedenken wurden von Verwaltung der Verwaltung nicht geteilt, da laut Bundesumweltministerium gerade einmal 20 Prozent der Feinstaubkonzentration von Verkehr verursacht werden. An der Meinung der Empfinger Räte bezüglich des Autohofs änderte dieser Umstand wenig.

„Für mich sind hier fast nur K.O.-Kriterien dabei“, eröffnete Andreas Seifer den Reigen an Kritik, der über dem Projekt aus dem Rat zusammenschlug. „Wenn ich die Liste sehe, dann ist das für mich nicht machbar“, ergänzte Uwe Gfrörer. Für seinen Ratskollegen Michael Gfrörer stelle die ungeklärte Verkehrssituation ein Problem dar: „Ohne verkehrsrechtliches Gutachten ist die Situation nicht abschätzbar“, erklärte er. Rätin Kerstin Hönle fasste die Bedenken zusammen: „Durch die ganzen
Auflagen kann kein Autohof betrieben werden.“

So stand sie also allein dort in der Luft, die Bürgermeisterhand. Denn bei den neun anwesenden Räten war die Meinung zum Bauhof einhellig: „Wir wollen das nicht.“

Die wichtigsten Auflagen im Überblick

Betankungen: Vorgabe ist, das je nach Pkw-Auflauf nur ein bis zwei Lastwagen pro Stunde in den Nachtstunden (22 bis 6 Uhr) betankt werden dürfen. Außerdem müssen spezielle Treibstoffpumpen eingebaut werden.

Kühlaggregate: Der Betrieb von dieselbetriebenen Kühlaggregaten soll komplett verboten werden.

Schnellrestaurant: Der Burger King darf wie bisher nach 24 Uhr nicht mehr geöffnet haben.

Warenverkehr: Aus- und Einladen müssten während der Nachtstunden verboten werden, genauso wie das Aufstellen von Stelzen.

Die Lastwagen: Der Betrieb von Lastwagen im Standgas oder deren Standheizungen müsse verboten werden.

Parkverkehr: Um unnötigen Parkverkehr zu vermeiden sollten Lastwagen schon auf der Autobahn darauf hingewiesen werden, ob noch Plätze auf dem Autohof frei sind.

Schelle für Shell AutohofMit neun zu eins Stimmen sprach sich der Empfinger Gemeinderat gegen den Ausbau der Tankstelle mit 50 Stellplätzen für Lastwagen aus.

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Erstellt:
27.10.2016, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 22sec
zuletzt aktualisiert: 27.10.2016, 01:00 Uhr

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