Innenentwicklung

Schlummerndes Potenzial wecken

Mit Information und Motivation wollen Ammerbuchs Freie Wähler der Baulandnot beikommen. Aber baurechtlich müsse sich auch einiges bewegen.

23.11.2016

Von Fred Keicher

Innenentwicklung hat seit 2011 nicht nur in Entringen (unser Bild), sondern in ganz Ammerbuch Vorrang. Das Rathaus stellt derzeit eine Liste potenzieller Baugrundstücke für die gesamte Gemeinde zusammen. Wenn’s klappt, kümmert sich bald ein Flächenmanager darum.Archivbild: Grohe

Innenentwicklung hat seit 2011 nicht nur in Entringen (unser Bild), sondern in ganz Ammerbuch Vorrang. Das Rathaus stellt derzeit eine Liste potenzieller Baugrundstücke für die gesamte Gemeinde zusammen. Wenn’s klappt, kümmert sich bald ein Flächenmanager darum.Archivbild: Grohe

Der Flächenmanager wird viel Arbeit haben, wenn er denn nächstes Jahr kommt. Etwa 500 Baulücken, untergenutzte Grundstücke und leer stehende Häuser warten in Ammerbuch auf eine Nutzung. Das war das Ergebnis eines kommunalpolitischen Abends zum Thema Innenentwicklung „Baulandnot in Ammerbuch – wie beheben?“, zu dem die Ammerbucher Freien Wähler am Montag ins Rathaus geladen hatten.

Dass die Ammerbucher Baulandnot nicht darin besteht, dass keine Baugrundstücke zur Verfügung stehen, zeigte die Übersicht von Silvia Huber. Die Rathausmitarbeiterin ist eigentlich Ökologin, aber zu 25 Prozent ihres Dienstauftrags für die Innenentwicklung zuständig. Sie hat ein vorläufiges Kataster über das Potenzial erarbeitet, das in Ammerbuchs Innenentwicklung schlummert.

Dass die Aufstellung vorläufig ist, betont sie dabei besonders. Die Grundstücke müssten im einzelnen noch mal überprüft werden. Einen Gemeinderatsbeschluss über die Veröffentlichung gebe es noch nicht. Dazu müssten auch aus datenschutzrechtlichen Gründen die Eigentümer gefragt werden.

Seit 2011 hat die Innenentwicklung Vorrang, so die Beschlusslage in Ammerbuch. Die letzten Baugebiete in der Gemeinde sind in den Jahren 2002 und 2003 erschlossen worden. Das Verfahren war damals so, dass die Grundstücke nach der Erschließung an die Eigentümer zurückgegeben wurden. Viele warten da in den Familien, bis die Enkel Familien gründen und bauen. 250 so genannte klassische Baulücken hat Huber gezählt. Dazu kämen nochmal um die 170 Grundstücke, die „untergenutzt“ seien und 80 leerstehende Wohnungen oder Häuser.

Flächenmanager soll es richten

Dass großzügig durchgrünte Ortskerne einen schönen Anblick bieten, leugnete Huber nicht. Auch nicht, dass jeder Eigentümer das Recht habe, sein Grundstück so zu nutzen, wie er wolle. Auch wenn dann auf einem 15 Ar großen Baugrundstück halt eine einsame Garage stehe. Aber Huber verwies auch auf die Kosten, die dadurch auf die Allgemeinheit zukämen. Die Kapazität der Infrastruktur etwa sei auf Vollbelegung ausgelegt. Ihre Kosten würden aber aktuell auf weniger Köpfe umgelegt.

Fast alle dieser Grundstücke befinden sich in der Hand von Privatleuten. Wie man sie informieren und motivieren könne, zu investieren oder die Grundstücke auf den Markt zu geben, hat eine 16-köpfige Studentengruppe der Hochschule für öffentliche Verwaltung in Ludwigsburg untersucht. Ivana Abramovic stellte die Studie am Montag vor, an der sie mitgearbeitet hatte. Abramovic ist momentan Verwaltungspraktikantin auf dem Ammerbucher Rathaus. Sehr viel war in der Studie von Informieren und Motivieren die Rede, von Informationsveranstaltungen, Rundbriefen und persönlichen Anschreiben. Dem Bürger Hilfestellung geben, sei das Mittel der Wahl, jede Gängelei sei zu vermeiden. „Die Verwaltung muss Vermittlerin sein, nicht Gewinnerin.“

Viel erhoffte sich Huber vom Flächenmanager, der sich zwar in Teilzeit, aber dann nur um die Entwicklung der Baulandreserven kümmern werde. Der ganz aktuelle Stand sei, dass das Umweltministerium letzte Woche signalisiert habe, dass es diese Position in Ammerbuch für zwei Jahre fördern würde. Huber zeigte sich zuversichtlich, dass die Stelle noch dieses Jahr ausgeschrieben werde und Anfang des nächsten Jahres die ersten Bewerbungsgespräche stattfinden könnten.

Was man vom Flächenmanager erwartet, sagte Huber auch: Zehn Prozent des Potenzials sollen realisiert werden – jährlich. Das verschlug ihren zehn Zuhörern, alles ältere Herren, die sich sehr aufmerksam von den beiden jungen Frauen etwas sagen ließen, etwas die Sprache. Aber Huber sagte, auch bislang seien jedes Jahr etwa vier/fünf Prozent realisiert worden. Da habe man einfach fünf Prozent drauf geschlagen. Mehr Kinder für die neue Gemeinschaftsschule, mehr Ehrenämtler für die Vereine, mehr Steuerbürger für die Gemeinde, jubelte Boris Dieter, der Ortsverbandsvorsitzende der Freien Wähler. Er selber wohnt erst seit kurzem in Entringen. Zu seinem Baugrundstück kam er auf die klassische Weise: Er hat sich durchgefragt. „Es ist schon was anderes, wenn man mit einem Kind an der Hand vor der Tür von Eigentümern steht und sagt: Wir stellen uns unsere neue Heimat auf ihrem Grundstück vor.“

Bebauungspläne überprüfen

Dass die Politik Initiative zeigen und Bauvorschriften lockern müsse, forderte FW-Kreisrat Georg Hofer in der sehr angeregten und konstruktiven Aussprache. Die Überprüfung der Ammerbucher Bebauungspläne regte ein anderer Zuhörer an. Huber ergänzte, das viele Bebauungspläne nur eine ganz geringe Bebaubarkeit zuließen. Man solle künftig viel weniger Einzelheiten regeln, warf Altingens Ortsvorsteher Richard Teufel ein.

Mehr mit Befreiungen von Bauvorschriften arbeiten, war der Vorschlag eines anderen; auch um bei größeren Grundstücken den Geschossflächenbau zu ermöglichen. Mancher würde sich angesichts des Zinstiefs heutzutage eine solche Investition überlegen.