Sebastian- Blau-Preis für Hillus Herzdropfa

Schnaken im Landratsamt

In der Rottenburger Festhalle gewannen Hillus Herzdropfa am Sonntagabend den diesjährigen Sebastian- Blau-Preis.

18.10.2016

Von Andreas Straub

Hiltrud Stoll erteilt dem Landrat telefonische Anweisungen. Danach könnte der Beamte Franz Auber Herztropfen gebrauchen. Bild: Rippmann

Hiltrud Stoll erteilt dem Landrat telefonische Anweisungen. Danach könnte der Beamte Franz Auber Herztropfen gebrauchen. Bild: Rippmann

Alle zwei Jahre schreibt der Verein Schwäbische Mundart den Sebastian-Blau-Preis für Kabarettisten aus. „Kein Ort wäre dafür besser geeignet als die Heimatstadt von Josef Eberle alias Sebastian Blau“, sagte Wolfgang Wulz, Vorsitzender des Vereins am Sonntagabend vor den 420 Zuhörern in der Festhalle. Das Ziel des Vereins: Verhindern, was der Dichter vorhersah: „Bald wird der lautere Klang des Schwäbischen verstummen.“

Rottenburgs Oberbürgermeister Stephan Neher (zugleich Vorsitzender des mitveranstaltenden Fördervereins Schwäbischer Dialekt) sagte, er sei stolz auf den Rottenburger Ehrenbürger Eberle. Bereits im Sommer sei die ganze Stadt in Blau getaucht und alle Veranstaltungen des Sommertheaters ausverkauft gewesen.

Den Sebastian-Blau-Preis bezeichnete Neher als „Oscar der Mundart“. 30 Bewerbungen waren diesmal eingegangen; eine Jury hatte acht davon zum Wettbewerb nach Rottenburg eingeladen.

„Poliakoffs Eventkapelle“ mit Berthold Biesinger, Stefan Hallmayer, Peter Höfermayer und Gerd Plankenhorn vom Theater Lindenhof Melchingen unterhielten mit Trompete, Trommel und Saxophon.

Mit lockerer Krawatte und in feinstem Schwäbisch verteidigten sie sich gegen bedrohliche Kreuzfahrtschiffe, bliesen internationalen Banken den Marsch und studierten amerikanische Gefängnisse von innen. Zur Melodie von „I ben a Dorfkind“ klatschte das Publikum begeistert mit, denn: „Mir Dorfkinder send aus guatem Holz“. Die Kombo erhielt den dritten Preis.

Kehrwoche auf Japanisch

Als „Karl-Heinz Dünnbier“ trat der Tübinger Peter Leonhard auf: er gab den Zauberer, den Bauchredner und vor allem den gähntechnikfreien Schwaben. Die Kehrwoche nach außen („Guten Tag, schöne Frisur“), nach innen („du blede Bix“) und auf Japanisch: Leonhard jonglierte den Besen mit Stäbchen und setzte ihn als Samuraischwert und Propeller ein.

Leonhards Auftritt eignete sich auch für Nicht-Schwaben: „Ich hoffe, Ihr seid katholisch. Dann müsst ihr mich nicht verstehen, nur an mich glauben.“ Damit sicherte er sich den zweiten Platz beim Wettbewerb.

Mit Wortspielen und Mund-Art im künstlerischen Sinne überraschte das „Bisinger Brettle“, das durch Krankheit vom Trio zum Duo geschrumpft war. Später traten Marcus Neuweiler und Birgit Pfeiffer als „Alois und Elsbeth Gscheidle“ und Werner Schwarz und Markus Rabe als „Pfefferle ond sein Ernst“ auf. Gerd Plankenhorn (zuvor schon in Poliakoffs Eventkapelle) folgte ebenso wie Sabine Schief noch einmal als Alleinunterhalter.

Der Landrat am Apparat

Den besten Auftritt, darin waren sich die zehnköpfige Fachjury und das Publikum einig, boten „Hillus Herzdropfa“ mit ihrem bisweilen recht derben Programm „Vo dr Alb ra“. Hiltrud Stoll und Franz Auber aus Justingen (auf der Münsinger Alb gelegen) gewannen sowohl den Jury-Preis als auch die Publikumsabstimmung mit großem Vorsprung. Damit erhielten sie insgesamt 3000 Euro.

Die Herztropfen trafen mit einer Szene aus dem „Landratsamt“ die Geschmäcker des Rottenburger Publikums. Kostprobe? „Auf dem Landratsamt schaffen nur Schnaken – sobald Licht in den Raum kommt, sind alle weg.“ Auf der Alb seien Stuttgarter, Esslinger und Böblinger Kennzeichen eindeutige Merkmale von „Heckascheißern“.

Vor allem Hiltrud Stoll unterhielt mit einem raumfüllenden und polternden Auftritt: „Meinen Mann, am liebsten dät ich ihn weg, aber die Kinder hängen so an ihm.“ Jahrelang hat sie ihren Traktor ohne Anmeldung und ohne TÜV gefahren – er hat bloß Diesel gebraucht. Als sie den Schlepper dann doch anmelden will, ruft gerade der Landrat an. Die Älblerin macht ihn rund. Er soll mal nach ihrer Straßenlaterne („dera Funzel“) sehen. Und sie gibt ihm noch einen guten Ratschlag mit: „Schaff ebbes, wenn du ebbes duasch.“

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Erstellt:
18.10.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 18.10.2016, 01:00 Uhr

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