Innovation

Schneller wandeln als die Welt

Die Firma Bosch entwickelt in Reutlingen eigene Start-ups. Das erste soll im nächsten Jahr an den Start gehen.

21.12.2016

Von Michael Frammelsberger

André Hedler (links) und Dirk Linzmeier im InnoLab Bild: Bosch

André Hedler (links) und Dirk Linzmeier im InnoLab Bild: Bosch

Es sei nicht mehr vorhersagbar, wie Mobilität in fünf bis zehn Jahren aussehe, erklärt Dirk Linzmeier, Leiter der Abteilung Automotive Electronics Customer Solutions gestern bei einem Pressegespräch im Reutlinger Bosch-Werk. Mit den alten Entwicklungsprozessen komme man da nicht mehr hinterher, daher hat sich die Firma ein neues Start-up-Konzept ausgedacht. Innovative Produkte sollen schneller auf den Markt gelangen, um Feedback von den Kunden zu erhalten. „Wir müssen mit unseren Methoden schneller lernen, als sich die Welt draußen wandelt“, erklärt Linzmeier.

Um die Start-ups besser fördern zu können, gibt es in Reutlingen seit Anfang 2015 das „Home of Innovations and Start-ups“ (HIS). Alle Mitarbeiter aus dem Reutlinger Bereich Automotive Electronics können sich mit eigenen Ideen bewerben, die sie neben ihrer eigentlichen Arbeit entwickeln. Die Vorschläge werden dann bei einer „Pitch Night“, einer Art Ideen-Casting, im Tübinger Sudhaus dem Bereichsvorstand vorgestellt. Die Gewinner erhalten 200 000 Euro und können ihr Konzept in Ruhe in Teilzeit im InnoLab weiterentwickeln. Hier gibt es unter anderem Elektronik-, Chemie- und Mechaniklabors, in denen die Tüftler ihre Vorschläge umsetzen und Prototypen bauen können. Nach einer weiteren erfolgreichen „Pitch“-Runde mit 600 000 Euro Förderung wird das Team verstärkt, die Mitarbeiter kümmern sich nun in Vollzeit um das Projekt. Die nächste Phase nennen die Bosch-Leute „Inkubator.“ Geschützt wie in der Medizin soll die Idee zum Geschäftsmodell weiterentwickelt und zur Marktreife gebracht werden.

Von den aktuell laufenden elf Start-ups bei Bosch soll eines im nächsten Jahr den Schritt auf den Markt wagen. Es geht um einen kompletten elektrischen Antriebsstrang für leichte Mobilität, erklärt Linzmeier. Mehr will die Firma noch nicht verraten. So weit kommen nicht alle Projekte: „Das ist eine ganz neue Form, wie wir an Projekte rangehen“, erklärte der Manager. Man müsse akzeptieren, das Sachen auch mal scheitern. Auch dabei könne man etwas lernen. Diese Philosophie hat die Firma von den erfolgreichen Digitalkonzernen aus dem amerikanischen Sillicon Valley übernommen.

„Das ist ein Stück weit ein Kulturwandel für Bosch. Man kann nun freier und kreativer arbeiten“, erklärt André Hedler, Leiter des HIS. 3,6 Millionen Euro Risikokapital stellt das Unternehmen bei den „Pitch Nights“ den Teams zu Verfügung. Für eine Idee im Inkubator gibt es zusätzliche Mittel. Mit dem HIS als neue Plattform könne man nun Ideen losgelöst von den klassischen Geschäftseinheiten an den Start bringen, sagt Hedler.

Nicht nur die Bosch-Leute sind vom neuen Konzept überzeugt, es kam auch beim „Corporate Startup Award“ gut an. Hier konnte das Unternehmen den Publikumspreis gewinnen. Über den freut sich Hedler besonders, da er von den Mitbewerbern und nicht nur von wenigen Jurymitgliedern vergeben wird. „Gegenseitiger Austausch ist ein wichtiger Aspekt bei Start-ups“, sagt er. Im Gegensatz zu früher arbeite man viel öfters mit anderen Konzernen zusammen, vergleiche Konzepte und spreche über Probleme. „Das ist Teil der Start-up-Welt“, erklärt auch Linzmeier. „Dadurch werden wir alle schneller.“

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Erstellt:
21.12.2016, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 21.12.2016, 01:00 Uhr

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