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Schnelles Internet für alle planen

Matthias Nass vom schwedischen Dienstleister Rala stellte im Gemeinderat die Pläne für einen flächendeckenden Glasfaserausbau in Eutingen vor.

22.03.2018

Von Dunja Bernhard

Schnelles Internet für alle planen

Digital abgehängt ist die Gemeinde Eutingen nicht. 2013 schloss mit Inexio ein Telefon- und Internetanbieter aus dem Saarland die digitalen Lücken in Rohrdorf. Unitymedia kann flächendeckend einschließlich der Gewerbegebiete Höchstgeschwindigkeiten bei der Datenübertragung liefern. Insgesamt 88 Prozent der Haushalte verfügen über eine Downloadrate von mindestens 50 Megabit pro Sekunde. Beim Upload, also dem Hochladen von Daten ins Internet, sieht es etwas schlechter aus.

„Wir sind nicht zu spät dran mit dem Internetausbau“, sagte Bürgermeister Armin Jöchle und widersprach damit einer früheren Aussage von Gemeinderat Sebastian Lazar. Die Verwaltung habe durchaus Prioritäten gesetzt. Aber die Voraussetzungen hätten nicht immer gepasst. „Freie Marktversorger haben kein Interesse daran, die Glasfaserversorgung bis an die Häuser zu legen.“

Den Aufbau eines Backbonenetzes (Hauptdatennetzes) übernimmt der Landkreis Freudenstadt in Kooperation mit dem interkommunalen Komm.Pakt.Net. Die innerörtliche Planung für die Gemeinde Eutingen stellte Matthias Nass am Dienstag im Gemeinderat vor. Nass ist beim schwedischen Familienunternehmen Rala Leiter für Verkauf und Marketing.

Er zeigte zunächst den Ist-Zustand in Eutingen auf. Unitymedia liefere Übertragungsgeschwindigkeiten bis zu 400 Megabit pro Sekunde. Die Leitungen werden jedoch von mehreren Kunden genutzt. Surfen viele Nutzende gleichzeitig, breche die Versorgung extrem ein.

93 Kilometer Tiefbauarbeiten

Die Telekom komme deutschlandweit nicht mit dem Ausbau hinterher, sagte Nass. Derzeit stellt der traditionelle Telefon- und Internetanbieter auf Vectoring-Technik um. „Bei Häusern, die zu weit weg vom Verteiler liegen, wird es grausam.“

Die Planung von Rala sieht vor, Glasfaser bis an jedes Haus oder sogar bis in jede Wohnung zu legen. Es gehe nicht nur darum, große Datenmengen zu transportieren, sagte Nass. Sondern es komme auch auf die Geschwindigkeit an. Immer mehr Menschen arbeiten im Homeoffice. Firmen speichern Daten in einer Cloud, damit diese überall abrufbar sind. Hohe Down- und Upload-Raten seien da gleichermaßen gefordert.

Die digitale Entwicklung bleibt nicht stehen. Smart Home, das vernetzte Haus, und E-Learning sind keine Zukunftsmusik mehr. „Hausbauer müssen für die nächsten 30 Jahre planen“, sagte Nass. 80 Prozent der Immobilienkäufer achteten laut einer Umfrage auf die Internetanbindung des Objekts. Eine größere Relevanz habe nur noch die Verkehrsanbindung. Bei Ausbau oder Sanierung von Straßen sollten deshalb Leerrohre zu jedem Haus eingelegt werden, sagte Nass. Bis zu einer Länge von 600 Metern können Glasfaserstränge eingeblasen werden.

Für einen konkreten Ausbau in Eutingen hieße das, 2090 Haushalte anzubinden, 205 Kilometer Mikrorohre zu verlegen, in die 430 Kilometer Glasfasern eingeblasen werden. Für den Ausbau sind auf einer Länge von 93 Kilometern Tiefbauarbeiten nötig.

Das alles hat seinen Preis: 8,6 Millionen Euro. Wie beim früheren Aufbau von Strom- oder Kanalnetzen kann so ein großes Projekt nur nach und nach umgesetzt werden. Als Strategie schlug Nass vor, zunächst die Gewerbegebiete und die bisher unterversorgten Wohngebiete zu berücksichtigen und langfristig eine flächendeckende Versorgung von 100 Prozent anzustreben.

Für Randgebiete wäre es möglich, Förderanträge zu stellen. Sollte die Gemeinde auf die Netzstrukturplanung, einen Ausbau folgen lassen, kann sie über Pachtverträge an Internetanbieter die Ausbaukosten wieder erwirtschaften. Momentan sei die Nachfrage nach Pachtverträgen groß, berichtete Nass. Rala plant derzeit in Baden-Württemberg, Glasfasernetze für insgesamt 65 000 Gebäude auszubauen.

Für die Gemeinde bleibt das Risiko, dass andere Anbieter nachziehen und ebenfalls ein Netz ausbauen. Das kommunale Netz könnte dann überflüssig werden, die Kosten für die Planung hätten gespart werden können. Die Bürger sollten dafür sensibilisiert werden, das gemeindeeigene Netz zu unterstützen, sagte Nass.

Die Bevölkerung mitnehmen

Bürgermeister Jöchle sieht nur dann eine Möglichkeit, ein gemeindeeigenes Glasfasernetz aufzubauen, wenn sich die EU-Förderrichtlinien ändern. „Die 30-Mbit-Schwelle muss weg“, sagte er. Das Land Baden-Württemberg habe einen entsprechenden Antrag an die Europäische Union gestellt. Lange Rumbummeln sollte die Gemeinde beim Breitbandausbau dennoch nicht, sagte der Schultes. „Da gebe ich Herrn Lazar recht.“

8,6 Millionen Euro seien zunächst eine erschreckende Summe. „Aber das Kanal- und Straßennetz wurde auch nicht in fünf Jahren gebaut.“ Die Kosten würden sich somit über viele Jahre verteilen. Die Förderung des Ausbaus endet an der Grundstücksgrenze. Von dort bis zum Gebäude muss der Eigentümer die Kosten selbst übernehmen.

„Kommerzielle Betreiber fangen in den Städten an“, sagte Sebastian Lazar. Höhere Wohndichte rechnet sich eher. „Der ländliche Raum hat wieder das Nachsehen.“ Die Förderung beginne dort, wo „es hundeelend ist“ und gehe dann weiter, ist der persönliche Referent des FDP-Landtagsabgeordneten Timm Kern überzeugt. Dann rechne sich der Ausbau auch für Gemeinden.

Horst Niessner findet 8,6 Millionen Euro „eine gewaltige Summe“. Der Ausbau sei nur sinnvoll, „wenn wir den Bürger mitnehmen“. Es müsse zudem deutlich gemacht werden, das Eigentümer die letzten Meter Glasfaser bis zum Gebäude selbst zahlen müssen.

Mit der Masse werde es günstiger, so Nass. Deshalb sei es sinnvoll, den Hausanschluss legen zu lassen, wenn die Baumaschinen vor Ort sind. Die Hauseigentümer könnten sich zusammen tun und gemeinsam eine Firma beauftragen. Roland Raible forderte eine groß angelegte Informationsveranstaltung. „Wenn 88 Prozent schon gut versorgt sind, braucht es große Überzeugungskraft, dass sie Glasfaser einbauen.“ Für zwei Straßen zeichnet sich schon eine Lösung ab. Für die Weinbergstraße in Weitingen stellte die Gemeinde einen Zusatzförderantrag. Durch die Sommerhalde in Eyach soll ein Zweig des Backbonesnetzes führen. An diesen könnten die Häuser direkt angeschlossen werden. Zeitraum: wohl in zwei bis drei Jahren.

Der Gemeinderat stimmte darüber ab, ob Rala nur eine Netzausbauplanung für die unterversorgten Gebiete in Eutingen mit Teilorten machen soll oder über die gesamte Fläche. In der Sitzungsunterlage war die Kostendifferenz mit lediglich 5000 Euro angegeben. Rechtzeitig vor der Abstimmung wurde der Fehler bemerkt. Die Gesamtplanung kostet mit 77000 Euro 30000 Euro mehr. Obwohl das 50 Prozent mehr waren als zunächst angenommen, blieben die Gremiumsmitglieder bei ihrer vorherigen Meinung und stimmten für eine Gesamtplanung.

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