Dokumentation über das Dorf Gammesfeld und seine Bank: die letzte deutsche ohne Computer.

Schotter wie Heu

Dokumentation über das Dorf Gammesfeld und seine Bank: die letzte deutsche ohne Computer.

24.11.2015

Von che

Schotter wie Heu

Wenn irgendwann einmal Würmer und Hacker das weltweite Computernetz zersetzt haben werden, hat er gut lachen: Fritz Vogt ist Vorsteher der einzigen deutschen Bank ohne Computer im hohenlohischen Gammesfeld. Und das aus tiefer Überzeugung: Elf Jahre lang prozessierte er gegen den Staat, um das winzige Geldinstitut überhaupt EDV-frei betreiben und seine Kunden mit einem Zinssatz von 3,5 Prozent aufs Sparbuch verwöhnen zu dürfen.

Wie viele Journalisten vor ihnen, sind auch Wiltrud Baier und Sigrun Köhler, Absolventinnen der Ludwigsburger Filmakademie, dem Reiz dieser Modernisierungsverweigerung erlegen und haben Vogt zum Helden ihres Dokumentarfilms „Schotter wie Heu? gemacht. Einen dankbaren übrigens, denn der 70-Jährige ist kein ahnungsloser Hinterwäldler, sondern ein wortgewandter Propagandist des Handgemachten. Was den Film vor anderen Gammesfeld-Reportagen auszeichnet, ist die Beharrlichkeit der Autorinnen. Mehrere Monate haben sie sich in dem 500-Seelen-Ort eingenistet, mussten viel freundliche Geringschätzung über sich ergehen lassen („Send ihr Mädle immer no da?), ehe die Einwohner allmählich zutraulich wurden.

Zwangsläufig wandert ihr Blick immer wieder von der Bank aufs Dorf, den landwirtschaftlich geprägten Alltag mit der Kirmes als Jahreshöhepunkt, die Jahrzehnte alten Familienfehden, die kleinen Träume der Bäckereifachverkäuferin, die höchste Selbstmordrate weit und breit.

Für ein wirklich aufschlussreichen Sittenbild kommen die Autorinnen zwar bei weitem nicht nah genug an das Innenleben der Dorfgemeinschaft heran, doch dafür entschädigen der Witz und die Warmherzigkeit dieser sehenswerten Notizen aus der Provinz. Und die Weisheit Fritz Vogts, für den Bankdirektoren eine schlimmere Spezies sind als Bankräuber.