Digitalisierung

Schulen müssen digital umplanen

Datenschutzprobleme dürften Microsoft-Nutzung stoppen. Dem Land drohen hohe Zusatzkosten.

27.04.2021

Von AXEL HABERMEHL

Stuttgart. Die massiven datenschutzrechtlichen Probleme des Microsoft-Softwarepakets „MS Office 365“ lösen Handlungsbedarf an hunderten Schulen im Land aus. Das geht aus Empfehlungen und Bewertungen des Landesbeauftragten für Datenschutz und Informationssicherheit (LfDI), Stefan Brink, zu einem Pilotversuch des Kultusministeriums hervor.

Wie berichtet, hat Brink einen Test der Programme begleitet und dabei erhebliche Datenschutzprobleme und Risiken festgestellt, weshalb er dem Ministerium von der Einbindung der Software in eine geplante Digitale Bildungsplattform abrät. In dem Schreiben geht Brink auch auf die bereits stattfindende Nutzung von „MS Office 365“ ein und warnt Schulen, die die Software einsetzen: „Der LfDI wird vor den Sommer-Schulferien aus eigener Initiative keine Prüfungen in Schulen mit der Zielsetzung einer Untersagung von Produkten vornehmen; ab dem Beginn des neuen Schuljahres jedoch allen dann vorliegenden Beschwerden mit Nachdruck nachgehen.“

Wie viele aller rund 4500 öffentlichen Schulen die Programme verwenden, etwa um Fernunterricht zu halten, ist unklar. Das Ministerium teilt mit: „Unverbindlichen Schätzungen zufolge setzen etwa 1200 Schulen Microsoft Office 365 ein.“ Aktivisten der Organisation „Digital souveräne Schule“ dagegen gehen von einer Nutzung an etwa 700 Schulen aus.

Besonders weit verbreitet ist die Software, der Brink „eine Vielzahl von Problemen und offenen Fragestellungen, welche weder das Kultusministerium noch die einzelnen Schulen datenschutzrechtlich verantworten können“, attestiert, an beruflichen Schulen. Rund jede zweite verwende sie, erklärt der Berufsschullehrer-Verband und fordert, diese müssten die Software einsetzen dürfen – unter anderem, weil sie auch in Betrieben üblich sei. Der Philologenverband fordert dagegen: „Spätestens jetzt muss das Kultusministerium wieder konsequent auf offene Software setzen“.

Neue Regierung soll entscheiden

Das Kultusministerium betonte erneut, Brinks Stellungnahme werde für das Ministerium „handlungsleitend sein, um den Schulen Rechtssicherheit im Hinblick auf den Datenschutz zu geben“. Eine Entscheidung über das weitere Vorgehen müsse aber die neue Landesregierung treffen, teilte ein Sprecher mit.

Grüne und CDU verhandeln derzeit die Fortsetzung ihrer Koalition. Eine Grünen-Sprecherin erklärte: „Für uns Grüne ist klar, dass es jetzt vor allem auf eine schnelle Lösung ankommt, die eine klare und sichere Alternative zu Microsoft Office 365 bietet.“ Die CDU lehnte eine Stellungnahme ab.

Das Thema dürfte angesichts des Digitalisierungsstaus im Schulsystem und knapper Kassen zur Unzeit kommen. Das Ministerium betonte, es gebe Alternativen zu „MS 365“. Sie seien jedoch deutlich teurer. Ein genanntes Programm etwa verursache „einen zusätzlichen Finanzaufwand von jährlich bis zu 18,5 Millionen Euro“. Axel Habermehl

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Erstellt:
27.04.2021, 06:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 14sec
zuletzt aktualisiert: 27.04.2021, 06:00 Uhr

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