Schweigen still

Deutschland ist überversorgt mit Krankenhäusern, gesünder als andere Nationen sind die Deutschen dennoch nicht. Dies sagt der Tübinger Ethikmediziner Urban Wiesing (14. Dezember).

02.01.2017

Von Thomas Sautter-Strelczuk

Sehr geehrter Herr Wiesing, mit Interesse habe ich ihre Thesen gelesen. Schade, dass Sie dabei als Ethiker wenig über Wertehaltung und gesellschaftliche Ziele sprechen.

Nimmt man die Gesundheitsfürsorge als großen Markt-Platz, läuft doch alles wunderbar. Die großen Gesundheitskonzerne pressen aus Patient/inn/en und Mitarbeiter/inne/n respektable Renditen, Pharmakonzerne und Krankenkassen können sich auch nicht beklagen. Öffentliche und kirchliche Träger sind einem gnadenlosen Preiskampf unterworfen. Auf der Strecke bleiben dabei allerdings Menschenwürde, angemessene pflegerische und medizinische Behandlung und wohnortnahe Versorgung. Gesellschaft, Kirchen und Politik schweigen überwiegend dazu still. Tübingen bildet da keine Ausnahme.

Sie sprechen von Qualität! Für mich ist es nicht sichtbar, wo bei der Betreuung von 12 bis 15 Patienten mit komplexem Pflegebedarf durch eine Fachpflegekraft sich hier Handlungsspielräume auftun sollen? Leider ziehen Sie für Ihren dänisch-deutschen Vergleich nur quantitativ die Anzahl der Krankenhäuser heran. Der Stellenwert von beruflich Pflegenden in Dänemark und anderen skandinavischen Ländern, flache Hierarchien, interprofessionelle Kooperation und die finanzielle Beteiligung aller Mitbürger, damit Pflegebedürftige einen niederschwelligen Zugang zu professionellen Pflegeleistungen haben, bleiben leider unerwähnt.

Wen es interessiert, die Daten liegen auf dem Tisch: http://library.fes.de/pdf-files/wiso/11337.pdf.

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Erstellt:
02.01.2017, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 34sec
zuletzt aktualisiert: 02.01.2017, 01:00 Uhr

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