Tübingen·CineLatino

Seine Freunde wurden hingerichtet

Festivalgast Pablo Mayoral saß unter Franco im Gefängnis. Er hilft, die Schergen der Diktatur vor Gericht zu bringen.

15.04.2019

Von Dorothee Hermann

Seine Freunde wurden hingerichtet

Pablo Mayoral war Student in Sevilla, als er befürchten musste, sein halbes Leben hinter Gittern zu verbringen. Ein Kriegsgericht des spanischen Diktators Francisco Franco verurteilte 1975 den Kommunisten und angehenden Technischen Ingenieur zu 30 Jahren Haft. Drei seiner Freunde wurden zum Tode verurteilt, und auch zwei Frauen, eine von ihnen schwanger. „Es waren die letzten fünf Hinrichtungen unter Franco“, sagte Mayoral dem TAGBLATT. Es kam zu Massenprotesten in ganz Europa, in Paris, Rom und London, gegen die Todesurteile und gegen die Franco-Diktatur.

Beim Tübinger Filmfestival CineLatino war der 68-Jährige Ansprechpartner für die Zuschauer der mehrfach preisgekrönten Dokumentation „El silencio de otros“ (Das Schweigen der anderen) von Almudena Carracedo und Robert Bahar. Darin ist beispielsweise die 82-jährige María Martín zu sehen, an dem Straßenrand, unter dem das Massengrab liegt, in dem ihre Mutter verscharrt worden war. Der Film zeigt auch eines der wenigen Monumente in Spanien für die Opfer Francos (im Jerte-Tal in der Ex-tremadura), das von Kugeln durchlöchert wurde, kaum dass es aufgestellt war. Erst jetzt sei sein Werk vollendet, meinte dazu der Bildhauer Francisco Cedenilla.

Über seine eigene Haftzeit sagte Mayoral nur: Es war schwer als politischer Gefangener. Zeitweise durfte er keinerlei Besuch erhalten. „Es gab Drohungen von Franco-Anhängern, die Gefängnisse zu stürmen und den (linksgerichteten) Gefangenen etwas anzutun.“ Wie hatte er solche Risiken auf sich nehmen können? „Die Situation war so bedrückend. Man musste sich dagegen wehren.“

Dank des spanischen Amnestiegesetzes 1977 kam Mayoral nach zwei Jahren überraschend frei. Doch das Gesetz galt für beide politischen Lager und verhinderte lange die juristische Aufarbeitung der Verbrechen des Franco-Regimes.

Die lange Straflosigkeit beenden

Mittlerweile ist er Präsident der Organisation La Comuna de Expresos del Franquismo, die Zeugenaussagen zusammenträgt, damit die Täter vor Gericht gestellt werden können und die jahrzehntelange Straflosigkeit aufhört. Der „Kampf um die Erinnerung“ umfasst sogenannte Verschwundene, geraubte Kinder, Folter und vieltausendfachen Mord.

Opfer, Überlebende und Angehörige haben vor wenigen Jahren endlich einen Weg gefunden, Täter nach internationalem Recht anzuklagen, wie in der Dokumentation zu sehen ist. Bundesrichterin María Servini in Buenos Aires ist so etwas wie das argentinische Gegenstück zum spanischen Richter Baltasar Garzón, der Chiles Exdiktator Augusto Pinochet in London verhaften ließ. Nach internationalem Recht können Verbrechen gegen die Menschlichkeit in einem anderen Land vor Gericht gebracht werden, wenn sie dort, wo sie begangen wurden, nicht verfolgt werden.

Einer der ersten Kläger in Buenos Aires war Chato Galante, der es ertragen musste, dass sein einstiger Folterer in derselben Straße wohnte, noch lange nach dem Ende der Franco-Diktatur: Der sadistische Polizist Antonio Gonzalez Pacheco, bekannt als „Billy the Kid“, wurde mittlerweile verurteilt. „Es gibt jetzt auch in Spanien Strafanzeigen gegen Folterer“, sagte Mayoral.

(Beim Dolmetschen aus dem Spanischen half María Vallecios Soldado.)

Seine Freunde wurden hingerichtet

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Erstellt:
15.04.2019, 18:13 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 27sec
zuletzt aktualisiert: 15.04.2019, 18:13 Uhr

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