Nach "Snatch" wieder ein schön bizarrer Gangsterfilm der coolen britischen Schule.

Sexy Beast

Nach "Snatch" wieder ein schön bizarrer Gangsterfilm der coolen britischen Schule.

24.11.2015

Von che

Sexy Beast

Als den Ex-Gangster Gal ein von der Sierra herunterpolternder Felsbrocken nur um Haaresbreite verfehlt, ahnen wir schon, dass sein Aussteiger-Idyll im sonnigen Spanien aufs Äußerste bedroht ist. Und tatsächlich wird ihm am gleichen Abend die Nachricht zugetragen: Logan kommt! Der gefürchtete Psychopath soll dem fett und faul gewordenen Ruheständler die Beteiligung an einem Millionenraub im nasskalten London schmackhaft machen. Bis man in der Sache einen Entschluss fasst, sind zwei Drittel des Films um.

Hört sich langatmig an? Ist es aber nicht. Der Reiz des Debütfilms des Briten Jonathan Glazer besteht gerade darin, dass er die in Hunderten von Gangsterfilmen formatierten Erwartungen tunlichst enttäuscht. Der Raubzug, gewöhnlich das minutiös geschilderte Suspense-Zentrum im Genre, wird in einem kaum zehnminütigen Clip-Art-Gewitter heruntergehaspelt.

Auch ausgefeilte Charaktere sind nicht das Ding des gelernten Werbefilmers. Stattdessen liefert Ben Kingsley (als Logan) die hinreißende Karikatur eines jähzornigen Höllenhunds mit brandgefährlichem Minderwertigkeitskomplex. Wie er mit Zuckerbrot und Peitsche, Süßholzraspeln und Unflätigkeits-Tiraden, irren Blicken und animalischer Wut den immer kleinlauter sich windenden Gal (Ray Winstone) auf die schiefe Bahn zurückbeordern will, ist allein schon die Kinokarte wert. Wenn ihre Rededuelle meist schon nach wenigen Sätzen zu einem konfusen Dada-Sprech entarten, befinden wir uns in selten erreichten Sphären absurder Hochkomik. Umso verblüffender, dass uns dieses groteske Kerlchen nebenbei auch ganz schön Angst einjagt. Sehr eigentümlich schwankt die Stimmung des Films unablässig zwischen Spaß und Beklemmung.

Den Rest der Nicht-Handlung überbrückt Glazer mit allerlei gefälligen Regie-Kunststückchen: verwegenen Kamerafahrten, edel arrangierten Bild-Tableaus, ausgefallenen Perspektiven, Zeitlupen und Traumschnipseln. Viel fauler Zauber also? Ganz recht, aber haben wir nicht genau den im Kino ein bisschen vermisst?

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Erstellt:
24.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 51sec
zuletzt aktualisiert: 24.11.2015, 12:00 Uhr

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