Interview

„Sicherungstechnik wirkt abschreckend“

Josef Bronner gibt im Gespräch mit der SÜDWEST PRESSE Ratschäge zum Schutz vor Einbrechern. Bei der ersten Sulzer Sicherheitsmesse am Samstag spricht der Experte auch über gute Nachbarschaft.

22.02.2018

Von Cristina Priotto

Damit Einbrecher nicht in ein Gebäude gelangen, sollten Hausbesitzer in Technik investieren. Archivbilder

Damit Einbrecher nicht in ein Gebäude gelangen, sollten Hausbesitzer in Technik investieren. Archivbilder

SÜDWEST PRESSE: Seit Jahren geben Sie Haus- und Wohnungsbesitzern Tipps zur Vermeidung von Einbrüchen. Trotzdem gelingt es Langfingern immer wieder, sich Zugang zu Gebäuden zu verschaffen. Nehmen die Menschen die Gefahr auf die leichte Schulter?

Josef Bronner: Häufig braucht es einen gewissen „Leidensdruck“, um in Richtung Einbruchschutz etwas zu unternehmen. Wir hören auch immer wieder noch Sätze wie „Bei mir gibt’s doch nichts zu holen“ oder „Wenn er rein will, kommt er eh rein“. Diese Vorurteile können wir so nicht stehen beziehungsweise gelten lassen. Erstens sieht der Einbrecher ja nicht im Voraus, wieviel Geld oder Wertsachen im Gebäude vorhanden sind, und zweitens kann er beim Einbruch in einem Wohngebiet nicht unbegrenzt Lärm machen oder sich endlos Zeit nehmen, ohne das Risiko einzugehen, entdeckt zu werden.

Worauf haben es Ganoven am häufigsten abgesehen? Wie lange halten sich Einbrecher im Durchschnitt in einem Gebäude auf, um etwas zu stehlen?

Weitestgehend werden Bargeld und wertvoller Schmuck entwendet, seltener auch Handys oder elektronische Geräte. Nach unserer Erkenntnis halten sich die meisten Täter nicht allzu lange im Gebäude auf, etwa drei bis fünf Minuten im Schnitt.

Wo werden Diebe am leichtesten fündig, sprich: Welches sind die schlechtesten Verstecke für Bargeld und Schmuck?

Häufig werden Wertsachen in Kommoden im Wohn-/Esszimmer oder im Schlafzimmer in der Nachttisch- oder Wäscheschublade aufbewahrt. Bei letzterem Versteck wiegt nach einem Einbruch natürlich besonders schwer, dass außer dem materiellen Schaden die Privat- und Intimsphäre verletzt werden. Generell liegen Geld und Schmuck häufig dort, wo es der Hausbewohner aus Bequemlichkeitsgründen ablegt. Eine sichere Aufbewahrung kann zu Hause nur in einem besonders gesicherten Wertbehältnis erfolgen, das massiv verankert ist. Ansonsten sollten größere Geldbeträge oder wertvoller Schmuck grundsätzlich in einem Bankschließfach deponiert werden, insbesondere bei längerer Abwesenheit, etwa, wenn man in den Urlaub fährt.

Vermitteln Alarmanlagen und Fenstergitter nicht eher den Eindruck, in einem solchermaßen verbarrikadierten Gebäude sei tatsächlich etwas zu holen?

Diese Erfahrung haben wir nicht gemacht. Wir sind eher der Meinung, dass erkennbare Sicherungstechnik wie zum Beispiel eine Vergitterung oder erkennbare Alarmsignalgeber abschreckend wirken. Der Täter sieht auf den ersten Blick, dass hier ein schneller Einbruch wohl eher nicht möglich ist.

Während Wohnungen und Häuser bewohnt sind, trifft es häufig Vereinsheime, Hallen, Schulen und Kindergärten, die den Großteil der Zeit leerstehen. Wie kann dort Eindringlingen vorgebeugt werden?

Bei alleinstehenden Gebäuden ist es oft schwierig, die Maßnahmen nur auf einen mechanischen Einbruchschutz zu beschränken. Dort hilft eine kombinierte Sicherungsmaßnahme aus mechanischem und elektronischem Einbruchschutz, etwa eine Alarmanlage mit Alarmweiterschaltung auf eine Sicherheitsleitstelle, die das zuständige Polizeirevier verständigt. Oberste Priorität für den Einbrecher ist, dass er relativ schnell ohne viel Lärm zu machen ins Objekt kommt. Je länger er dazu braucht, beispielsweise durch verbaute Sicherungstechnik, desto größer wird für ihn das Entdeckungsrisiko. Diese Faktoren fallen beim Vereinsheim am Waldrand oder einer Firma im Industriegebiet häufig weg, da sich dort zu bestimmten Zeiten eben keine Personen aufhalten. Eine solche sicherungstechnische Investition sollte in jedem Fall vorher geprüft werden, um eine Kosten-Nutzenanalyse zu machen. Diese Beratungen werden im ganzen Land Baden-Württemberg von den Kriminalpolizeilichen Beratungsstellen der Referate Prävention bei den Polizeipräsidien auf Anfrage kostenfrei angeboten. Die Beratungsstellen sind landesweit im Umkreis von 50 Kilometern erreichbar und für jeden im Internet (www.polizei-bw.de) ersichtlich.

Da ein hunderprozentiger Schutz vor Einbrechern nicht möglich ist, fordern Bürger immer wieder häufigere Polizeistreifen. Für wie sinnvoll halten Sie solche Maßnahmen?

Es sind eine Vielzahl kombinierter Maßnahmen, die es dem Einbrecher schwerer machen, ohne den Bürger mit polizeilicher Dauerpräsenz zu drangsalieren. So setzt die Landespolizei hier auf täter- und opferorientierte Maßnahmen, intensiviert die Kontrolldichte insbesondere an neuralgischen Orten, um Täter entdecken zu können und gleichzeitig Bürgern mit mehr Präsenz ein Sicherheitsgefühl zu vermitteln. Sie berät aber auch, wie man sich im Vorfeld schützen kann. Nicht zuletzt sind eine wachsame Nachbarschaft und ein aufmerksames und beteiligungsorientiertes Umfeld ein zusätzlicher, positiver Sicherheitsaspekt.

Wie oft haben Sie dienstlich schon Einbrecher „in flagranti“ ertappt?

Einige Male, jedoch weniger in meiner jetzigen Tätigkeit als Fachberater. Dies erklärt sich daraus, dass wir durch unsere Tätigkeit in der technischen Beratung nicht, wie die uniformierten Kollegen des Streifendienstes, als Erste vor Ort sind. Wir sind eher die Spezialisten, die vom Streifendienst beim Einbruchsopfer vor Ort für eine anschließende Beratung empfohlen werden.

Die Hälfte der Einbruchsversuche werden durch Sicherungstechnik und aufmerksame Nachbarn verhindert. Was zeichnet eine „gute Nachbarschaft“ aus?

Sicher hat es große Vorteile, wenn man in einer guten Nachbarschaft seinem Nachbarn mitteilen kann, dass man übers Wochenende verreist und er den Briefkasten leeren möge oder einfach mal ums Haus geht und eventuell verdächtige Personen anspricht oder der Polizei meldet. Es findet hierdurch quasi eine soziale Kontrolle im Wohngebiet statt, die dem Einbrecher sein Handwerk deutlich erschwert. Aufmerksame Nachbarn bemerken Veränderungen oder etwas beziehungsweise jemanden, „der hier nicht hingehört“. Diese Mitteilungen bei der Polizei führen häufig zu erfolgreichen Täterermittlungen. Also: Bitte stets wachsam bleiben!

Für Einbruchschutz gibt es seit 2015 ein staatliches Förderprogramm¨
– das wissen viele jedoch nicht. Ist darüber mehr Aufklärung nötig?

Informationen zur staatlichen Förderung zum Thema Einbruchschutz durch die Kreditanstalt für Wiederaufbau werden regelmäßig in den Printmedien, in den Internet-Portalen und durch die Polizei publiziert. Umfassende Informationen hierzu finden Bürger vor allem anschaulich auf der Seite www.k-einbruch.de.

Was raten Sie Opfern von Einbruchsdiebstählen? Mieter sind ja häufig so traumatisiert, dass sie umziehen.

In einer umfassenden Beratung beim Opfer vor Ort werden diesem außer opferschutzrechtlichen Hinweisen vor allem Infos zum technischen Einbruchschutz vermittelt. Hierdurch wird in den meisten Fällen das Sicherheitsgefühl wiederhergestellt oder deutlich verbessert. Erkennt ein Opfer, dass Einbruchschutz und Opferschutz wirken und man aktiv etwas gegen Einbruch unternehmen kann, vermindert dies das Gefühl der Hilflosigkeit.

Was erwartet die Besucher der ersten Sulzer Sicherheitsmesse im Info-Truck des Landeskriminalamts?

Das Infofahrzeug des LKA vor dem Backsteinbau ist eine mobile Beratungsstelle, in der mittels Exponaten und durch besonders geschulte Polizeibeamte interessierten Bürgern umfassende Informationen zum Thema Einbruchschutz vermittelt werden.

Josef Bronner

Josef Bronner

Programm der Messe:

Samstag, 24. Februar:

14 Uhr: Eröffnung und Begrüßung in der Stadthalle mit Bürgermeister Gerd Hieber, Landrat Wolf-Rüdiger Michel und Bettina Rommelfanger

15 Uhr: „Sicher und fit unterwegs ab 65+“ mit Oliver Schreiber

16 Uhr: „Sicher in den eigenen vier Wänden – was eine gute Nachbarschaft beitragen kann“ mit Josef Bronner und Hans-Ulrich Händel

Zur Person

Josef Bronner ist 59 Jahre alt und seit 41 Jahren bei der Polizei tätig.
Der Kriminalhauptkommissar arbeitet dort seit 19 Jahren im Fachbereich

Prävention, zu dem auch die Kriminalpolizeiliche Beratungsstelle gehört.

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Erstellt:
22.02.2018, 01:00 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 23sec
zuletzt aktualisiert: 22.02.2018, 01:00 Uhr

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