Austausch

Soli für den ländlichen Raum

Beim Pressegespräch, zu dem die Bundestagsabgeordnete Saskia Esken einlud, sprach sich der ehemalige SPD-Chef Sigmar Gabriel für höhere Investitionen in Gebiete abseits der Städte aus.

24.01.2019

Von NC

Der ehemalige SPD-Chef Sigmar Gabriel besuchte am Montag Saskia Esken in ihrem Wahlkreis und machte dabei auch Station im Hotel Therme in Bad Teinach. Privatbild

Der ehemalige SPD-Chef Sigmar Gabriel besuchte am Montag Saskia Esken in ihrem Wahlkreis und machte dabei auch Station im Hotel Therme in Bad Teinach. Privatbild

Sie kommen beide aus ländlichen Gebieten, der eine aus Goslar, die andere aus dem Nordschwarzwald. Beim Pressegespräch im Hotel Therme in Bad Teinach stellten sich der ehemalige SPD-Parteivorsitzende und frühere Vizekanzler, Sigmar Gabriel, und seine hiesige Kollegin, die Bundestagsabgeordnete Saskia Esken, den Fragen der Journalisten.

Gabriel stellte schon zu Beginn fest, dass man nicht beides gleichzeitig haben könne: Steuern senken und in die öffentliche Daseinsvorsorge und Infrastruktur investieren. Der ehemalige SPD-Vorsitzende sprach dabei von der „vernünftigen Idee“, den Solidaritätszuschlag nicht ganz abzuschaffen, sondern das verbleibende Aufkommen für gleichwertige Lebensverhältnisse in ganz Deutschland einzusetzen, „egal ob West oder Ost“. Schon heute mangele es 20 Prozent der Gemeinden in Deutschland an einer ordentlichen Versorgung. „Da gibt es keine Apotheke, keinen Laden, keine Bushaltestelle mehr. Wir müssen verhindern, dass die Leute sich deshalb gezwungen sehen, in die Städte abzuwandern“, erklärte Gabriel.

Das sei nur mit Investitionen möglich. Die Mittel dafür müssten die Kommunen vom Bund bekommen, und sie müssten nicht zweckgebunden sein. Gabriel: „Wofür die Gelder gebraucht werden, das wissen die Leute in den Kommunen doch selbst am besten. Ich gehöre nicht zu der Abteilung ‚Goldener Zügel‘.“ Esken fügte aus ihrer Erfahrung als Kommunalpolitikerin hinzu: „Die Herausforderungen in den Kommunen sind vielschichtig, und nicht alle lassen sich mit Geld lösen, aber in jedem Fall mit dem Ideenreichtum der Bürgerinnen und Bürger, den man in allen kommunalen Entwicklungsprozessen erleben kann. Die Kommunen brauchen finanzielle Handlungsspielräume, um diese Ideen umsetzen zu können“.

Die SPD und der ländliche Raum – das sei nicht per se ein Widerspruch. „Die SPD ist durchaus keine reine Städtepartei!“ widersprach Gabriel dem gängigen Vorurteil. Zuletzt habe die Partei gerade in den Städten viele Wähler an die Grünen verloren.

Macht SPD da überhaupt noch Spaß? „Ja klar, auch wenn es manchmal schwierig ist, gerade auch mit Blick auf Berlin“, erklärten Saskia Esken und Gabriel im Gleichklang. Sie sei in die Politik gegangen, um das Leben der Menschen besser und die Welt ein bisschen gerechter zu machen, betonte Esken, und das sei unabhängig von schlechten Prognosen und Wahlergebnissen.

Und auch Gabriel mahnte angesichts der aktuell schwierigen Phase seiner Partei: „Wir müssen wieder mehr über das Morgen nachdenken als über das Gestern streiten.“ Gerade die Frage, wie sich die Digitalisierung zum Wohle der Menschen einsetzen lasse, sei für ihn in den kommenden Jahren entscheidend.

Im Vorfeld der anstehenden Wahlen warben die beiden für ein geeintes Europa. „Wenn im Europaparlament zur Hälfte EU-Gegner sitzen, dann wird das ein riesiges Problem“, gab Esken im Hinblick auf die Europawahl zu bedenken. Nur der Wähler könne das verhindern. In der aktuellen Debatte um den wahrscheinlichen Austritt der Briten aus der EU hofft Gabriel, dass bald Vernunft im Vereinigten Königreich einkehrt. „Was für eine verfahrene Situation – das ist die Stunde der Politik“, erklärte er in Bad Teinach.