Sonita

Sonita

Doku-Porträt einer 18-jährigen Frau aus Afghanistan, die mit Rap gegen die drohende Zwangsverheiratung protestiert.

09.05.2016

Von Klaus-Peter Eichele

Sonita

Hobby-Rapperin Sonita träumt davon, dass ihr irgendwann einmal genau so viele Leute zujubeln wie ihren Idolen Michael Jackson und Rihanna. Doch vorerst reicht es nur zu Auftritten vor ein paar Nachbarskindern in einem Teheraner Hinterhof. Es spricht auch wenig dafür, dass sich daran etwas ändert, denn als afghanischer Flüchtling ohne Papiere steht die 18-Jährige auf der untersten sozialen Stufe. Zudem dürfen Frauen im Iran grundsätzlich nicht solo auftreten. Andererseits existiert dort – eine der erstaunlichsten Erkenntnisse aus diesem Dokumentarfilm – eine nahezu vorbildliche psychologische Fürsorge für junge, traumatisierte Flüchtlinge. In Kursen und Gesprächen erlangt Sonita das Selbstbewusstsein, um ihrem Schicksal die Stirn zu bieten.

Das ist auch bitter nötig, denn von ihrer Familie in Afghanistan trifft alsbald die Nachricht ein, sie solle für 9000 Dollar an einen ihr wildfremden Ehemann verkauft werden. Die eigens anreisende Mutter verleiht dem Ansinnen Nachdruck: so verlange es eben die Tradition, Widerstand undenkbar! Doch Sonita gibt nicht klein bei. Es gelingt ihr, das Geld für ein Rap-Video aufzutreiben, in das sie – mit Barcode auf der Stirn – ihre ganze Wut auf die Familie („Ihr wollt mich verhökern wie Vieh“) und das System der Zwangsehe („Nirgendwo im Koran steht, dass Frauen Waren sind“) hineinlegt.

Die iranische Regisseurin Rokhsareh Ghaem Maghami legt sich das dokumentarische Material so gefällig zurecht, dass „Sonita“ von einem Spielfilm mitunter kaum zu unterscheiden ist. Wenn dramaturgisch (oder menschlich) nötig, greift sie auch selbst ins Geschehen ein. Solche puristische Einwände verblassen aber vor der Symbol- und Strahlkraft der Hauptfigur, die für Hunderttausende in ähnlicher Lage Zeichen der Hoffnung und des Widerstands gesetzt hat. Ihr Protest-Video wurde auf Youtube mehr als eine halbe Million mal angeklickt; der Film über sie auf nahezu jedem renommierten Dokumentarfilmfest dieser Welt ausgezeichnet.

Spielfilm-spannende Doku über eine Afghanin, die dem Patriarchat rappend die Stirn bietet.

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Erstellt:
09.05.2016, 11:11 Uhr
Lesedauer: ca. 1min 58sec
zuletzt aktualisiert: 09.05.2016, 11:11 Uhr

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