Tübingen

Sorgearbeit leisten

Zum Thema „Pflege“, das in vielen Veranstaltungen um den Internationalen Frauentag am 8. März eine Rolle spielte.

08.04.2017

Von Inl

(...) Die Misere der Pflege ist nur ein Beispiel für die stiefmütterliche Behandlung jeglicher Sorgearbeit in einem profitorientierten Wirtschaftssystem, da Arbeit, die unmittelbar am Menschen verrichtet wird, nicht die gleichen Profitsteigerungen ermöglicht wie der technische Fortschritt in der Warenproduktion.

Nicht zufällig auch handelt es sich um „klassische“ Frauenarbeiten; neuzeitliches Patriarchat und Kapitalismus haben sich Hand in Hand entwickelt. Hierbei wurden die dem (Über-)Leben dienenden Tätigkeiten, die doch die Voraussetzung der mehrwerterzeugenden Produktion sind, durch diese „kolonisiert“ und „unsichtbar“ gemacht. Eine Folge davon ist, dass bei der Diskussion um die Vereinbarkeit von Beruf und anderen Lebensbereichen meist von einem „Normalarbeitstag“ ausgegangen wird, den aber Menschen nicht haben, deren Arbeit rund um die Uhr benötigt wird und die nicht mit dem Glockenschlag Windel oder Spritze fallenlassen können.

Hier ist das dickste Brett zu bohren, und darum bräuchten wir ein Care Work Mainstreaming (care work = Sorgenarbeit), das heißt, es müsste bei jeder Entscheidung berücksichtigt werden, wie sie sich auf die Menschen auswirkt, die Sorgearbeit leisten oder in Anspruch nehmen, ob im beruflichen oder im privaten Rahmen. Eine solche Prioritätensetzung sei im Kapitalismus utopisch (siehe oben)? Aber: Spricht das gegen die Utopie – oder …? Nicht umsonst hat sich ein vor wenigen Jahren gegründetes Netzwerk, das sich der Aufwertung der Sorgearbeit widmet, einen Namen gegeben, der sich unterschiedlich übersetzen lässt: „Care Revolution“ – das heißt nicht unbedingt nur „Revolution der Sorgearbeit“.

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Erstellt:
08.04.2017, 01:00 Uhr
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zuletzt aktualisiert: 08.04.2017, 01:00 Uhr

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