So viel Tempo bringt Retro nur ganz, ganz selten auf die Piste.

Speed Racer

So viel Tempo bringt Retro nur ganz, ganz selten auf die Piste.

23.11.2015

Von dhe

Speed Racer

Für einen kleinen Jungen, der Speed mit Vornamen heißt, ist das Leben schon vorgezeichnet. Vor allem, wenn der ältere Bruder ein berühmter Rennfahrer ist, und der Vater Pops Racer die stärksten aller Rennwagen konstruiert. Nach den virtuellen Dekonstruktionen von „Matrix? lassen die Wachowski-Brüder in „Speed Racer? die Seventies, vielleicht sogar die Sixties wiederaufleben, als alles noch fest, bunt und übersichtlich und die Unschärfen virtueller Räume noch gar nicht vorstellbar waren.

Die quietschbunte, an alle Niedlichkeitsinstinkte appellierende Spielzeugladenatmosphäre mag auch daher rühren, dass die Wachowskis sich an eine Vorlage aus jener Zeit halten. Sie adaptieren die Speedracer-Cartoons des japanischen Anime-Pioniers Tatsuo Yoshida für die Kinoleinwand.

Speed-Darsteller Emile Hirsch wirkt als integrer, jugendlicher Held eher noch überzeugender als zuletzt im Aussteigerdrama „Into the Wild?. An seiner Seite entdeckt man, nur leicht cartoonesk verfremdet, Hollywood- Star Christina Ricci. Sieht man Speed in Aktion in seinem gigantischen weißen Rennwagen, stürzt die Szenerie ins Bizarre. Die Fahrer scheinen um die Wette zu rasen auf einer futuristischen Achterbahn, auf der quasi noch analoge Regeln gelten ? wie beim Auto-Scooter. Weil diese Kulissen aber eindeutig am Computer designt beziehungsweise verfeinert wurden, ist stets unübersehbar, dass diese Retro- Welt ziemlich artifiziell ist.

Das muss einen nicht hindern, wie im Zirkus gespannt auf den nächsten völlig abgedrehten Spezialeffekt zu warten. Nur so viel: Anime-Autos können sogar fliegen! Mit genialen kleinen Schraubern wie Pops Racer, die mächtigen Konzernen ebenso die Stirn bieten wie gewöhnlichen Schurken, schimmert die vermeintlich kuschelige Welt der Sixties-Familien wieder auf. Mom (yeah, Susan Sarandon) schmiert derweil Sandwiches.

Bei aller nostalgischen Wiedersehensfreude kann man sich trotzdem fragen, ob man wirklich einmal auf so etwas hereingefallen ist. Der böse, böse Kapitalismus und das gewöhnliche Verbrechen haben sich natürlich auch schon über Speed Racers Rennstrecke hergemacht. Als indirekter letzter Abgesang auf das Auto und speziell den spritfressenden Arena-Boliden lässt sich der Streifen wohl eher nicht verstehen. „Ein Auto ist ein lebendiges, atmendes Wesen?, ist einer der Kernsätze, die Rex dem kleinen Speed mit auf den Weg gibt.

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Erstellt:
23.11.2015, 12:00 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 05sec
zuletzt aktualisiert: 23.11.2015, 12:00 Uhr

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