Im Spinnennetz ohne doppelten Boden: Ein nur durchschnittlicher Cronenberg.

Spider

Im Spinnennetz ohne doppelten Boden: Ein nur durchschnittlicher Cronenberg.

24.11.2015

Von che

Spider

Braucht die Welt wirklich noch einen Film über einen Psychokiller? Wenn ein Bilderzauberer wie David Cronenberg („Crash?) die Verantwortung trägt, schaut man zumindest gerne mal hin. Und das Schauen ist auch gar nicht das Problem bei „Spider?. Das finstere, noch nach Jack the Ripper riechende Londoner Proleten-Viertel, das der kanadische Regisseur auf die Leinwand malt, ist von höchster visueller Güteklasse.

Hier betritt eines Tages ein gebeugter, kaum verständliche Wortfetzen brabbelnder Mann eine schäbige Pension. Später erfahren wir, dass dieser „Spider? aus einer psychiatrischen Klinik kommt, in die man ihn vor Jahrzehnten gesteckt hatte. Wie es dazu kam, enthüllt eine wiederum sehenswert mit der beklemmenden Gegenwarts-Handlung verwobene Rückblende.

Wer das Glück hat, des Rätsels Lösung nicht schon in einer Besprechung gelesen zu haben, kann sich nun an einem atmosphärisch düsteren, angemessen schleppenden Krimi-Kammerspiel gütlich tun. Wer jedoch die Auflösung kennt (oder früh ahnt), dem offenbart sich umso deutlicher, dass dieser Geschichte der doppelte Boden fehlt, das Geheimnis hinter dem Geheimnis, das so viele Cronenberg-Filme auszeichnet.

Auch der von manchen Kritikern hoch gelobte Ralph Fiennes liefert eher die Karikatur als das facettenreiche Charakterbild eines seelisch Gebrochenen. Wie überhaupt der ganze Film ? sofern man ihn als klinische Studie überhaupt Ernst nehmen will ? sich mehr an Psycho-Klischees der Filmgeschichte als an einer echten Krankenakte zu orientieren scheint.